Mit dem russischen
Schriftsteller Alexander Solschenizyn ist einer der Großen der Literatur und Geistesgeschichte
gestorben. Der Nobelpreisträger, Autor des „Archipel Gulag“, wird am Mittwoch nach
orthodoxem Ritus in Moskau beigesetzt. Er war 89 Jahre alt geworden. Auch im Vatikan
erinnert man sich bewegt an den propheten-ähnlichen Querdenker. Pater Sergio Mercanzin
ist Gründer und Leiter des römischen „Centro Russia Ecumenica“.
„Ich habe
Solschenizyns Sohn zu Johannes Paul II. begleitet, als der gerade zum Papst gewählt
worden war. Johannes Paul sagte ihm gleich: „Wann werde ich Deinen Vater treffen können?“
Viele Jahre später, im Oktober 1993, wurde das dann möglich – es war eine ausgesprochen
lange Audienz, und alle beide waren danach sehr bewegt. Da waren sich zwei große Persönlichkeiten
begegnet, wie sie es sich seit Jahrzehnten gewünscht hatten. Zwei große Slawen.“
Der
Schriftsteller sei eine moralische Autorität gewesen – und ein tief gläubiger orthodoxer
Christ.
„Sein starker Glaube befruchtete seine Vision eines Russland, das
in der Welt wieder zu einer gewissen Größe gelangt, und zwar auch in religiöser Hinsicht.
Es sollte Gott im Alltag, in Gesellschaft, Politik und Kultur, auch in der Literatur
wieder eine Stimme geben. Solschenizyn selbst wirkte wie ein Märtyrer: Sowohl unter
der Verfolgung als auch unter dem Exil hat dieser Russe sehr gelitten. Und er hat
Russland verändert. Ohne sein Werk hätten wir alle ein anderes Bild von dem, was der
Kommunismus in der Sowjetunion bedeutete. Als er zu Breschnew-Zeiten ins Exil ging,
sagte mir jemand: In ein paar Jahrzehnten wird sich keiner mehr an die Krise dieser
Tage erinnern. Aber alle werden wir uns an die leuchtende Figur dieses verfolgten
Solschenizyn erinnern!“