Katholische Hilfswerke
verbitten sich die Attacken italienischer Lokalpolitiker, sie würden nicht genug für
illegale Einwanderer tun, die über das Mittelmeer nach Italien gelangen. Mehr als
1.000 Bootsflüchtlinge aus Afrika haben am Donnerstag binnen 24 Stunden die Insel
Lampedusa erreicht. Die Aufnahmezentren stehen vor dem Kollaps, Lampedusas Bürgermeister
Bernardino de Rubeis forderte in einer wütenden Geste „den Vatikan“ dazu auf, die
afrikanischen Flüchtlinge selber unterzubringen, etwa in leer stehenden Seminaren
oder Klöstern. „Wir wollen glauben, dass die Worte des Bürgermeisters eher der
akuten Notlage geschuldet waren, als auf vernünftiges Überlegen zurückgehen“, sagte
Oliviero Forti, der Flüchtlingsverantwortliche der italienischen Caritas. Über die
Caritas sei die Kirche seit Jahren an vorderster Front in der Aufnahme von Flüchtlingen
tätig – eine Aufgabe, die eigentlich dem Staat zukomme.
Im Vergleich zum Vorjahr
hat sich die Zahl der Bootsflüchtlinge verdoppelt, die – lebend - an Italiens Küsten
landen. Aus den USA, wo dieser Tage ein nationaler Kongress über Migration tagt, erinnert
Vatikanerzbischof Agostino Marchetto daran, dass die Kirche in der Frage der Einwanderung
klare Prinzipien hat.
„Das grundlegende Prinzip ist: Menschen sollten nicht
emigrieren müssen, um dem Hunger und der Unterentwicklung zu entkommen. Das zweite
Prinzip ist: es gibt eine Freiheit zur Migration, und diese Freiheit muss respektiert
werden. Dritter Punkt: Es stimmt, dass die Staaten das Recht haben, die Migrationsflüsse
zu regulieren, indem sie auf das Gemeinwohl des Ziellandes achten. Aber, und das füge
ich immer hinzu: das Gemeinwohl eines Landes muss sich in den Kontext des universellen
Gemeinwohls einfügen. Heute lässt dieser Blick auf das universelle Gemeinwohl freilich
sehr zu wünschen übrig.“
Marchetto ist Sekretär des Päpstlichen Migrantenrates.
Für ihn ist es „die schwierige Aufgabe der Kirche“, das Gleichgewicht zwischen der
Sicherheit eines Landes und der massiven Aufnahme von Flüchtlingen zu bewerten.
„Wo
es eine übertriebene Tendenz zur Sicherheit gibt, muss die Kirche auf die Aufnahme
der Menschen pochen. Und umgekehrt, wenn die Tendenz allzu sehr zur Aufnahme neigt,
muss man mehr Aufmerksamkeit auf die Sicherheit der Bürger legen.“
Lampedusa
ist aufgrund seiner Lage besonders von der jeden Sommer ansteigenden Flüchtlingswelle
aus Afrika betroffen. Es liegt nur etwas mehr als hundert Kilometer vor Tunesien.
Auf der kleinen Ferieninsel ist der Tourismus wegen der Bootsflüchtlinge praktisch
zum Erliegen gekommen.