An diesem Donnerstag
endet die Lambeth-Konferenz. Seit langem fürchtet man eine Spaltung der anglikanischen
Weltgemeinschaft, und in der Tat scheint sie unaufhaltbar. Schon im Vorfeld hatten
Kirchenführer aus Afrika ihre Teilnahme abgesagt. Hauptstreitpunkte sind der Umgang
mit Homosexualität und die Bischofsweihe von Frauen. Die Einheit retten soll nun ein
Moratorium, dem zufolge bis auf weiteres keine Homosexuellen mehr geweiht werden sollen.
Peter Lüning bezweifelt die Wirksamkeit des Vorstoßes. Er ist am Möhler-Institut in
Paderborn tätig, der Ökumene-Forschungsstelle der katholischen Kirche in Deutschland.
„Beide Seiten, die liberale und die konservative, sind zutiefst überzeugt
von ihren Ansichten. Ich habe die Stellungnahme eines anglikanischen Bischofs aus
Vancouver gehört, der deutlich gesagt hat: Mit diesem Moratorium können wir nichts
anfangen. Wir würden uns lächerlich machen in der kanadischen Gesellschaft, wo eine
volle Gleichberechtigung der Homosexuellen an vielen Stellen erreicht ist. Das ist
die eine Seite. Und auf der anderen Seite stehen viele schwarzafrikanische anglikanische
Kirchen, die gelebte Homosexualität ausdrücklich als Sünde betrachten und auf die
Schriftgemäßheit der Lehre und des Lebens der Anglikaner pochen. Wenn Sie beides so
verfestigt gegeneinander haben, dann wird es wirklich schwer für den Erzbischof von
Canterbury, der ja keinerlei Jurisdiktionsvollmacht über die weltweite anglikanische
Kirche hat, diese unterschiedlichen Strömungen zusammenzuhalten.“
Hier
erweise es sich als Problem, dass dem Anglikanismus eine gemeinsame Theologie des
Bischofsamtes und der Kirche fehle, so Lüning. Allerdings seien die debattierten Fragen
Teil eines gesellschaftlichen Umbruches, dem sich alle Kirchen in den Industrieländern
stellen müssten.
„Der Anglikanismus ist im Grunde hier eine Art Vorreiter,
im Negativen wie im Positiven. Die anderen Kirchen können lernen, wie man es macht
und wie es man nicht macht, nämlich wie man mit gesellschaftlichen Umbrüchen, mit
Pluralisierung und Individualisierung umgeht und wie man nicht damit umgeht. Sicherlich
wird unsere Kirche nicht die gleichen Antworten finden – definitiv nicht - wie es
jetzt die US-Anglikaner und die Kanadier getan haben, indem sie einfach die Einheit
der Kirche zurückstellen und sagen: Wir preschen vorwärts in solchen Fragen. Das wird
nicht unsere römisch-katholische Antwort sein, sicherlich nicht. Aber das heißt nicht,
dass wir die Augen verschließen können und dürfen vor diesen schweren und gewaltigen
Umwälzungen in den westlichen Gesellschaften.“
Der Ökumenefachmann glaubt
nicht, dass nun eine Übertrittswelle in die katholische Kirche bevorsteht.
„Man
hatte auch geglaubt, dass bei der Einführung der Frauenordination auf der Priesterebene
in der Mutterkirche in England viele Hunderte oder Tausende Priester römisch-katholisch
geworden wären. Aber es sind dann doch nicht so viele römisch-katholisch geworden.
Einige sind auch zu den Freikirchen gegangen, die ebenfalls streng gegen die Frauenordination
und die Segnung gleichgeschlechtlicher Paare sind. Man kann nicht sagen, dass die
große Protestwelle innerhalb der anglikanischen Kirche nun Rom zugute kommen wird.“