Innenminister Wolfgang Schäuble verteidigt die Entscheidung seiner EU-Kollegen, eine
Entscheidung über die Aufnahme irakischer Flüchtlinge zu verschieben. „Denn für den
Wiederaufbau sind alle Iraker gefragt. So auch die Flüchtlinge innerhalb und außerhalb
des Landes und unter ihnen besonders die Flüchtlinge mit hohem Bildungsniveau“. Das
sagte der CDU-Politiker der „Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung“. Im EU-Ministerrat
sei man sich „schnell einig“ gewesen, „dass wir der Bitte der irakischen Regierung,
zunächst keine zusätzlichen Bemühungen der EU bei der Aufnahme von Flüchtlingen zu
starten, nachkommen wollen“, so Schäuble. Der irakische Regierungschef Nuri al-Maliki
habe bei seinem Besuch in Deutschland hervorgehoben, dass besonders die irakischen
Christen der oberen Bildungsschicht angehörten. Nach Ansicht des deutschen Innenministers
wäre ein Resettlement-Programm der EU darum zum jetzigen Zeitpunkt kontraproduktiv. Doch
würden die EU-Minister im September das Thema wiederaufnehmen; es sei keineswegs erledigt.
„In den kommenden zwei Monaten gilt es, die sich abzeichnende positive Entwicklung
im Irak, die Anstrengungen der irakischen Regierung und die Situation in den Flüchtlingslagern
zu beobachten und zu bewerten“, sagte Schäuble. - Die Grünen sprachen sich für eine
schnelle Aufnahme aus. Parteichefin Claudia Roth urteilte, Schäuble sei vor dem innenpolitischen
Widerstand aus Bayern und Niedersachsen eingeknickt. „Die irakischen Flüchtlinge brauchen
jetzt Hilfe und Aufnahme in Europa. Mit der Vertagung haben die EU-Innenminister die
Grundwerte Europas ignoriert und zu den Akten gelegt“, so Roth. Der grüne Europa-Abgeordnete
Cem Özdemir mahnte: „So richtig Schäubles Vorstoß in humanitärer Hinsicht war, so
falsch und beschämend ist nun sein Rückzieher.“ In einer Audienz für Maliki hat in
den letzten Tagen auch Papst Benedikt XVI. einen stärkeren Schutz der christlichen
Minderheit im Irak gefordert.