Serbien: „Kirche hatte mit Karadzic nichts zu tun“
Der bisher meistgesuchte
Massenmörder Europas, Radovan Karadzic, wurde nicht nur von den serbischen Geheimdiensten
geschützt. Er genoss laut Medienberichten während der Flucht vor der internationalen
Justiz auch die Unterstützung nationalistischer Intellektueller, die ihn öffentlich
als Helden der serbischen Nation lobten. Eine unrühmliche Rolle habe auch die serbisch-orthodoxe
Kirche gespielt, spekuliert nun die Turiner Zeitung „La Stampa“. Der Stellvertretende
Vorsitzende des Diözesanrates der Serbischen Orthodoxen Diözese für Mitteleuropa,
Tihomir Popovic, verneint eine mögliche Beteiligung der serbisch-orthodoxen Kirche
im Fall Karadzic.
„Die serbisch-orthodoxe Kirche hatte zu keiner Zeit den
Willen und auch nicht die Ressourcen, Karadzic in irgendeiner Weise zu beschützen.
Man muss auch hinzufügen, dass Karadzic von Vertretern der serbisch-orthodoxen Kirche
dazu aufgerufen wurde, sich zu ergeben. Das hat beispielsweise Bischof Grigorije von
Zahumlje-Herzegowina aus Bosnien getan. Meiner Meinung nach hat da jemand zu viel
Dan Brown gelesen.“
Die Festnahme von Karadzic hat in Serbien verschiedene
Reaktionen ausgelöst.
„Die serbisch-orthodoxe Kirche hat sich aber bisher
nicht dazu geäußert. Zumindest gilt das für die offiziellen Stellen. Bisher gab es
in der serbischen Zeitung „Blic“ eine Stellungnahme eines Professors des Belgrader
Priesterseminars. In dieser Stellungnahme wird die Tätigkeit Karadzics bzw. Dabics
als Heilpraktiker so erklärt, dass dies mit der Orthodoxie überhaupt nichts zu tun
habe. Doch ansonsten gab es keine offiziellen Stellungnahmen.“
Popovic
kritisiert aber die Medienberichterstattung rund um die Festnahme. Vor allem merkt
er an,…
„… dass ich die Rezeption in einigen europäischen Medien – in den
deutschen und britischen vor allem – als logisch, aber nicht ganz fair empfand. Die
Medien wiederholten immer wieder, dass die Festnahme Karadzics zu spät geschehen sei;
oder aber man sagte, dass erst jetzt die Serben bereit seien, weil sie mit der EU
zusammenarbeiten wollen. Es ging also einzig um Vorwürfe in serbischer Richtung, anstatt
zu sagen, dass es gut sei, dass Serbien zusammenarbeiten möchte und dass es ein Signal
in die richtige Richtung sei. Das finde ich bedauernswert.“