Powerfrauen im Dienst am Menschen – 50 Jahre Missionsärztliche Schwestern
Die Missionsärztlichen
Schwestern sind ein ungewöhnlicher Frauenorden. Zum einen wurde er – für katholische
Verhältnisse – relativ spät gegründet: 1925 eröffnete die österreichische Ärztin Anna
Dengel in Washington (USA) die erste Niederlassung ihres neuen Ordens. Zum anderen
ist der Orden auch heute noch jung geblieben: Über Nachwuchsprobleme können die Schwestern
– auch in Deutschland – Gott sei Dank nicht klagen. Die Hälfte der Schwestern ist
unter 50 Jahren. In diesen Tagen feiert der Orden sein 50-jährige Bestehen in Deutschland.
1958 wurde in Mödrath in Nordrhein-Westfalen die erste Niederlassung gegründet. Heute
leben in drei Häusern in Deutschland 31 der weltweit 625 Missionsärztlichen Schwestern.
Eine von ihnen ist Schwester Maria Goetzens:
„Ich arbeite seit fast
dreizehn Jahren als Ärztin in einer Ambulanz für wohnungslose Menschen in der Großstadt
Frankfurt: Dort arbeite ich zusammen mit Krankenschwestern, Sozialarbeitern; wir haben
Räumlichkeiten, in die kranke Menschen, die auf der Straße leben, kommen können und
versorgt werden – manchmal bis hin zum Tod. Gleichzeitig gehen wir auch auf die Straßen
Frankfurts Tag und Nacht und suchen diese Menschen auf, die einfach von der Gesellschaft
nicht gern gesehen sind und oft sehr schwer krank sind.“
Eine nicht immer
einfache Arbeit, sagt Schwester Maria Goetzens.
„Es ist sicherlich
etwas, was manchmal an die Grenzen des Erträglichen führt. Aber mir persönlich hilft
da mein Hintergrund, dass ich das als missionsärztliche Schwester tun darf – eben
im Wissen darum, dass es für Gott keine hoffnungslosen Fälle gibt, dass ich nicht
diejenige bin, die Heilung vorantreiben muss, aber dass Gott uns sein Potential geschenkt
hat, alles in die Waagschale zu werfen, damit auch diesen Menschen Heilung widerfährt.
Und das heißt manchmal auch Unrecht beim Namen nennen, das heißt manchmal konkret
einen Verband anlegen, das heißt eben auch darauf hinzuweisen, dass es in einem entwickelten
Land Menschen gibt, die nicht die Versorgung bekommen, die sie brauchen.“
Kernpunkt
der Spiritualität der Ordensfrauen sei die Heilung – im umfassenden Sinn des Wortes:
„Heilung
– ganzheitliche Heilung – ist doch ein Aspekt, der auch heute noch junge Frauen anspricht.
Es geht ja darum, nicht nur Kranke zu heilen, es geht auch darum, die Wunden der Zeit
in den Blick zu nehmen, an die Brennpunkt dieser Welt und auch in Deutschland zu gehen
und hinzuschauen und dort Heilung zu fördern und Heilung zu ermöglichen.“
Der
Name des Ordens – missionsärztliche Schwestern – ist etwas irreführend. Zwar gab es
und gibt es in der Tat viele Medizinerinnen in der Gemeinschaft, aber man müsse keineswegs
Ärztin sein, um in den Orden einzutreten, erklärt Schwester Maria.
„Heute
schließen sich uns auch Lehrerinnen an, es sind Menschen mit sozialen Berufen, Sozialpädagoginnen,
Sozialarbeiterinnen, alles, was eben dem Apostolat des Heilens dienen kann. Und das
kann ja sehr vielfältig und unterschiedlich sein in Deutschland und weltweit. So haben
wir beispielsweise eine Musiktherapeutin in unseren Reihen, wir haben eine Schwester,
die sich mit Drogenkranken befasst, wir haben eine Schwester, die mit Gehörlosen arbeitet,
wir haben Theologinnen in unseren Reihen, die arbeiten als Pastoralreferentinnen und
Gemeindereferentinnen in Gemeinden, aber auch in neuen Projekten wie einem Meditationszentrum
in der Großstadt, und die eben für Fragen der Menschen dieser Zeit offen sind.“
Die
missionsärztlichen Schwestern tragen kein Ordensgewand – eine bewusste Entscheidung.
„Das
ist schon mehrere Jahrzehnte so. Das hängt mit unserer Gründerin zusammen, die eigentlich
von Anfang an sich nicht durch das Ordenskleid abheben wollte von den Menschen, denen
sie Hilfe brachte. Gleichzeitig hat sie sich bewusst auch als Frau in der Kirche den
damaligen Auflagen gestellt. Mit dem Zweiten Vatikanischen Konzil kam die Aufforderung:
Zurück zum Ursprungs-Charisma! Da haben wir dann auch weltweit den Habit abgelegt.
Sie erkennen uns also nicht an einer äußeren Tracht. Unsere Gründerin hat immer gesagt:
An euren Taten sollen die Menschen erkenne, in welchem Auftrag ihr unterwegs seid.
Nicht an den Äußerlichkeiten.“
Schwester Maria ist davon überzeugt: Es
lohnt sich, die Missionsärztlichen Schwestern kennen zu lernen.
„Anna
Dengel hat einmal gesagt: Ich war Feuer und Flamme. Ich kann persönlich nur sagen:
Seit ich die Gemeinschaft kenne, stelle ich immer wieder fest: Dieser Satz ist wahr.“
Höhepunkt
des Jubiläumsjahres in Deutschland ist die Wallfahrt der jüngeren Ordensmitglieder
und interessierten Frauen vom 21. bis 25. Juli 2008. Die Fahrt ging durch das Lechtal
nach Steeg in Tirol, dem Geburtsort der Ordensgründerin. Am 26. Juli lädt die Gemeinschaft
zu einer Informationsveranstaltung über Anna Dengel ins Haus Marillac in Innsbruck
ein. Im Anschluss findet ein gemeinsamer Gottesdienst mit Bischof Manfred Scheuer
aus Innsbruck statt. (rv 26.07.2008 mc)