Vatikan/Großbritannien: Dias warnt vor Alzheimer und kirchlichem Parkinson
Kurienkardinal Ivan
Dias mahnt die anglikanische Weltgemeinschaft zur Einheit. Der Präfekt der vatikanischen
Missionskongregation warnte am Dienstagabend bei der Lambeth-Konferenz in Canterbury
davor, dass Bischöfe ohne Koordination mit dem Kirchenoberhaupt herumirrten.
Ohne
auf die aktuellen Konflikte in der Anglikanischen Weltgemeinschaft um den Umgang mit
Homosexualität und die Zulassung von Frauen zum Bischofsamt konkret einzugehen, verglich
Dias manche Entscheidungen mit den Symptomen der Krankheiten Alzheimer und Parkinson.
Der Vatikangesandte wörtlich: „Wenn wir kurzsichtig nur in der Gegenwart leben und
dabei unsere apostolische Tradition vergessen, könnten wir an ‚geistlichem Alzheimer’
leiden. Wenn wir uns unkoordiniert verhalten, uns in unseren eigenen Weg versteigen
ohne Absprache mit dem Oberhaupt oder den anderen Mitgliedern unserer Gemeinschaft,
dann könnte das ‚kirchliches Parkinson’ sein.“ Jeder Bischof müsse immer wieder überprüfen,
ob er seine Entscheidungen von Gott leiten lasse oder vielmehr von seinem Ego oder
bösen Mächten.
In Canterbury sind derzeit 650 anglikanische Bischöfe aus aller
Welt versammelt. Mehr als 200 konservative Bischöfe, zumeist aus afrikanischen Ländern,
boykottieren die nur alle zehn Jahre tagende Konferenz aus Protest gegen eine zunehmende
Liberalisierung der anglikanischen Kirche. Zahlreiche Geistliche hatten in der aktuellen
Spaltungsdiskussion gedroht, zum Katholizismus überzutreten.
Die römische und
die anglikanische Kirche müssten noch stärker gemeinsame Wege zur Verkündigung der
christlichen Botschaft finden, so Dias. Wenn beide „eines Herzens und eines Geistes“
seien, würden die Verschiedenheiten nicht zum Hindernis. Dagegen sei es ein „Gegen-Zeugnis“,
wenn Vielfalt zu Spaltung verkomme. Gemeinsame Aufgabe aller Christen sei der
interreligiöse Dialog und „konkrete Schritte der Nächstenliebe“ in den Sektoren Erziehung
und Gesundheit und Soziales, so Dias. Jeder Christ müsse kompromisslos seinen Auftrag
erfüllen, für Bischöfe als die Nachfolger der Apostel gelte das in besonderem Maß.
Angesichts moderner Lebensentwürfe, oft losgelöst von christlichen Werten und moralischen
Prinzipien, dürften Bischöfe daher nicht gleichgültig bleiben. Der Kurienkardinal
forderte dazu auf, nicht nur zu reagieren, sondern die „Zeichen der Zeit“ zu erkennen
und der Welt das christliche Leben als positives Beispiel vor Augen zu halten.
Viele
Katholiken verfolgten gemeinsam mit dem Papst mit Wohlwollen die Beratungen der Anglikanischen
Weltgemeinschaft. Das versicherte Kardinalstaatsekretär Tarcisio Bertone bereits am
Wochenende in einer Botschaft. Die Diskussion in der anglikanischen Kirche um Homosexuelle
und Frauen im Bischofsamt ist laut Bertone jedoch ein weiteres Hindernis für eine
Einheit mit Rom. Kardinal Walter Kasper vom päpstlichen Einheitsrat nimmt an der Versammlung
teil. Von den Entscheidungen in Lambeth hänge die Zukunft des Dialogs ab, betont
auch der russische Patriarch Alexij II. in seinem Grußwort an die Anglikaner. Die
Bischöfe müssten zwischen „biblischen Normen und Tendenzen entscheiden, welche Sünde
und Freizügigkeit als Zeichen von Liebe und Toleranz verstehen“. (rv 23.07.2008
bp)