„Papst der Menschen“ – Australiens Medien ziehen Bilanz
Nichts ist so alt wie die Nachrichten von gestern. Das mussten die australischen Zeitungen
am Montag erfahren. In ihren Nachbetrachtungen des Weltjugendtags räumten sie der
Kritik von Opfern sexuellen Missbrauchs durch Priester breiten Raum ein, dass Papst
Benedikt XVI. zwar öffentlich Bedauern geäußert, aber eine direkte Begegnung mit Betroffenen
vermeintlich verweigert habe. Diese Klage war am Morgen gegenstandslos geworden. Radio
und Internet konnten als erste berichten, dass sich der Papst vor seinem Rückflug
mit vier Missbrauchsopfern getroffen habe.
Alle Zeitungen widmeten nicht nur
dem Abschlussgottesdienst mit gut 300.000 Menschen am Sonntag großen Raum, sondern
zogen auch eine erste Bilanz des gesamten Weltjugendtages. Die überregionale Tageszeitung
„The Australian“ titelt: „Und am siebenten Tag entspannt sich die Stadt“. Weiter heißt
es dort: „Die Woche wird als eine der überschwänglichsten in Sydneys Geschichte eingehen.“
Das Fest des Glaubens und der Jugend habe „der Stadt Leben eingeatmet und selbst die
zynischsten und säkularsten Bürger bezaubert“. „Ein Tsunami der Freude und des Glaubens“,
schreibt der „Sydney Morning Herald“. Unter der Überschrift „Erst die Leidenschaft,
jetzt das Nachdenken“ mahnt das Blatt aber auch: „Es wird einen Druck [auf die Kirche]
geben, die Ausgaben für die Festivität durch eine spürbare Erneuerung der Kirche,
insbesondere durch mehr Katholiken in Kirchenbänken und in den Priesterseminaren,
zu rechtfertigen.“ Der „Herald“ widmet eine halbe Seite einer Geschichte über die
Wandlung von Papst Benedikt XVI. vom „schüchternen Theologen und Kardinal“ zum Papst
mit „ersten Anzeichen der Massenkommunikation“. Die Schlagzeile lautet: „Vom Theologen
zum Papst der Menschen“. Die Autorin Paola Totaro zitiert ihren deutschen Vatikan-Kollegen
Andreas Englisch mit den Worten: „In Sydney hat dieser Papst wirklich seinen Job gelernt.
Mehr noch als in den USA hat er die Kirche durch die Menschen kennengelernt. Sie wollen
nicht auf Abstand gehalten werden.“