Der Heilige Stuhl
hofft, dass die anglikanische Weltgemeinschaft ihre Einheit erhalten kann. Das betont
der vatikanische Ökumene-Minister Kardinal Walter Kasper gegenüber Radio Vatikan.
Am Mittwoch versammeln sich rund 650 Bischöfe der anglikanischen Kirche im südenglischen
Canterbury zur 14. Lambeth-Konferenz. Die knapp dreiwöchige Konferenz auf dem Campus
der Universität von Kent steht in diesem Jahr unter dem Vorzeichen einer drohenden
Spaltung der Anglikaner. Äußerer Grund ist der Streit um die Haltung zur Homosexualität
und um die Bischofsweihe von Frauen. Papst Benedikt XVI. hatte bei seinem Flug
nach Australien am Wochenende über die aktuelle Situation der Anglikaner gesprochen.
Auf Nachfrage sagte das katholische Kirchenoberhaupt, er bete für die Anglikaner.
„Wir
können und dürfen uns nicht in ihre internen Diskussionen einmischen. Wir respektieren
ihre eigene Verantwortung. Wir wünschen uns aber, dass die Anglikaner eine zeitgemäße,
aber dem Evangelium treue Lösung finden werden.“
Kardinal Walter Kasper
wird auf Einladung des Erzbischofs von Canterbury, Rowan Williams, bei der Lambeth-Konferenz
die Wünsche und Hoffnungen der katholischen Kirche einbringen.
„Wenn ich
zur Lambeth-Konferenz für eine Woche komme, dann ist es meine Absicht dort zu sagen,
dass wir die Einheit der anglikanischen Gemeinschaft wollen. Wir hoffen auch, dass
ihre Einheit erhalten bleiben kann. Niemand hat Interesse an neuen Trennungen. Auch
wollen wir mit dem Dialog mit der anglikanischen Gemeinschaft fortfahren. Dieser Dialog
ist der Auftrag Jesu Christi und ist auch im Dienst an der Einheit und am Frieden
in der Welt.“
Die Auslöser der schweren Spannungen bei den Anglikanern
betreffen die Frage von Weiheämtern für Frauen und die unterschiedliche Bewertung
der Homosexualität. Dazu Kardinal Kasper:
„Das sind ernsthafte Fragen. Vielleicht
handelt es sich nicht um zentrale Fragen des Evangeliums, doch sind sie mit dem Zentrum
des Glaubens verbunden. Es geht letztlich um Fragen der Anthropologie und es geht
um die Frage der Treue zur Botschaft Jesu, wie sie in der Heiligen Schrift bezeugt
ist.“
Obwohl die Lambeth-Konferenz keine bindenden Beschlüsse für die anglikanische
Weltgemeinschaft fassen kann, verfügen ihre Empfehlungen über eine hohe Autorität.
Daher sieht der Präsident des Päpstlichen Einheitsrats die Konferenz als richtungweisend
für die künftigen Beziehungen zwischen Katholiken und Anglikanern.
„Wir
müssen freilich realistisch sagen, dass der Dialog künftig einen anderen Charakter
haben wird. Bisher war das Ziel die volle Gemeinschaft. Das ist aber im Augenblick
nicht möglich. Wir müssen uns also neu fragen, welche Art von Dialog und auch mit
wem wir den Dialog führen werden. Denn im Augenblick ist die Konfiguration der anglikanischen
Gemeinschaft nicht ganz klar. Wir müssen nämlich die Entwicklungen auf der anglikanischen
Seite berücksichtigen. Wir können und wollen in diesen anglikanischen Streitfragen
nicht eingreifen. Aber wir wollen unsere Wünsche zum Ausdruck bringen und sind deshalb
mit den Bischöfen der Lambeth-Konferenz im Gebet verbunden.“
Das alle zehn
Jahre anberaumte Welt-Bischofstreffen ist das wichtigste „Instrument der Einheit“
der 38 Teilkirchen umfassenden „Anglican Communion“. Vor dem Plenum wird auch der
Präfekt der vatikanischen Missionskongregation, Kardinal Ivan Dias, sprechen.