Herzog Franz
von Bayern wurde am 14. Juli 1933 in München geboren. Als Chef des Hauses Wittelsbach
fallen ihm viele repräsentative Aufgaben zu, denen er gerne nachkommt. Sein besonderes
Interesse gilt schon von Jugend an der Kunst, vor allem der Kunst der Gegenwart. Er
ist unverheiratet und bewohnt einen Trakt des Schlosses Nymphenburg. Neben dem Hilfsverein
Nymphenburg, der von seiner Mutter Herzogin Marie, in den Nachkriegsjahren ins Leben
gerufen wurde, engagiert er sich in in ganz unterschiedlichen Kuratorien, wie seit
langem im International Council of the Museum of Modern Art in New York, in München
bei PIN, Freunde der Pinakothek der Moderne, der Bayerischen Akademie der Schönen
Künste, der Katholischen Akademie ebenso wie im Stifterverband für die Deutsche Wissenschaft,
um nur einige zu nennen. Ehrenmitgliedschaften wie in der Bayerischen Akademie der
Wissenschaften und Schirmherrschften in vielen Vereinigungen , die, so könnte man
sagen, einen Querschnitt der gesellschaftlichen Gruppierungen in Bayern abbilden,
bringen täglich neue Aspekte in sein Leben.
*Königliche Hohheit, Sie sind
seit 1996 Familienoberhaupt des Hauses Wittelsbach, des ehemaligen Königreiches Bayern.
Was bedeutet es heute Chef einer der ältesten Dynastien Europas zu sein?
'Es
sind verschiedene Aufgaben: erstens muss ich schauen, dass ich die Familie zusammenhalte.
Es ist auch ganz wichtig, dass Differenzen, Streitereien innerhalb der Familie gerecht
und gut gelöst werden, durch klare Lösungen, und dass nie daraus irgendwelche Fehden
entstehen. Das ist für die Familie ganz wichtig. Und das ist eine Aufgabe, die man
wirklich ganz bewußt durchführen muss. Man muss eigentlich immer aufpassen, dass
der Ton in der Familie der richtige bleibt'. Dann kommt natürlich dazu, dass ich mich
immer wieder fragen muss: welchen Sinn kann die Familie heute hier im Land erfüllen?
Welche sind unsere Aufgaben? Was macht Sinn? Und wie kann ich das verwirklichen? Das
heißt, dass ich mit vielen Menschen in ganzen Land verbunden bleiben muss, um ein
bisschen zu sehen, was hier passiert, wo etwas fehlt. Dann kann ich mich fragen, ob
wir als Familie irgendwo helfen können oder nicht, ohne dass wir uns aufspielen oder
wichtig machen'.
*Welches Ereignis würden Sie rückblickend als die größte Leistung
Ihrer Vorfahren bezeichnen, was würden Sie - geschichtlich gesehen - als Misserfolg
Ihres Hauses einstufen?
'Nach so langer Zeit, ist es schwer ein Ereignis herauszuholen.
Es gibt verschiedene. Sicher ein ganz wichtiger Punkt war für uns der Hausvertrag
von Pavia im vierzehnten Jahrhundert. Das war die Grundlage - damals schon genau durchdacht
- dass alle bayerischen Länder immer in wittelsbachischer Hand geblieben sind und
nicht in andere Familien vererbt werden konnten. Das hat durchgewirkt bis Anfang des
19. Jahrhunderts. Sicherlich dann das Zusammenfallen der beiden Kurfürstentümer von
der Pfalz und von Altbayern durch den Erbgang unter Karl - Theodor und danach durch
unsere Linie. Damit ist ein vollkommen neues, größeres Bayern geschaffen worden und
es war die Aufgabe der Familie, daraus wirklich ein Land zu machen. Das sind sicher
zwei hervorragende Ereignisse. Die Erfolge der Familie? Wahrscheinlich, dass sie immer
im Land geblieben ist. Das war wahrscheinlich über Jahrhunderte der große Erfolg:
dass die Verbindung zwischen dem Land und der Familie immer eng war und nie abgerissen
ist. Und die Misserfolge? Es waren am ehestens die Streitereien innerhalb der Familie,
vor allem die ständigen Streitereien im 15. und 16. Jahrhundert. Es war vor allem
die kleinen Bruderkriege unterdenen am Ende das Land gelitten hat. Das waren wahrscheinlich
unsere größten Fehler'.
*1944 wurden Sie mit Ihrer Familie von der Gestapo
verhaftet und in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Flossenbürg und Dachau gefangen
gehalten. Mit welchen Gefühlen - Sie waren damals fast noch ein Kind - blicken Sie
auf jene Zeit zurück?
'Ich muss sagen, gerade als Kind erlebt man das anders,
wie als Erwachsener.Es war auch für uns Kinder irgendwo eine feststehende Tatsache,
dass man da lebend nicht mehr herauskommt. Aber als Kind gewöhnt man sich sehr schnell
daran und geht zur Tagesordnung über. Es war jeder Tag eine Überraschung, sicherlich
mit vielen Spannunsgmomenten, das ist wahr. Wenn ich zurückschaue, sehe ich die Leistung
meiner Eltern, die uns mit einem ungeheuren Mut beschützt haben - ohne meinem Vater
und ohne seine Courage wäre dies alles ganz anders ausgegangen. Und dann natürlich
das fast unbegreifliche Glück; dass man das alles überlebt hat'.
*Sie haben
dann bei den Benediktinern in Ettal das Abitur gemacht und anschließend Volkswirtschaft
und Betriebswirtschaft studiert. Heute sind Sie in zahlreichen Institutionen vertreten:
auf dem Gebiet der Bildung und Kunst, der Politik, der Caritas. In welchem dieser
Bereiche fühlen Sie sich am meisten zu Hause?
'Ich sehe es eigentlich auch
wieder als Ganzes. Dies alles ist Teil meines Lebens. Mein Mitmachen in den verschiedenen
Institutionen kann in vielen Fällen nur ein Zeichen dafür sein, dass ich die Sachen
für wichtig und gut halte. Die Dinge, die mir naheliegen? Gut, die Kunst sitzt bei
mir wahrscheinlich in den Genen irgendwo, es ist die bildende Kunst, es ist die Musik
genauso, und das Wort. Und den karitativen Bereich, den habe ich schon von meinen
Eltern geerbt und habe ihn weitergeführt; mit Freuden muss ich sagen. Ich habe natürlich
einige Erfahrungen gesammelt und habe manchmals das Gefühl, dass ich wirklich einen
Rat geben kann, oder Feher vermeiden kann, was schon genau so viel ist'.
*Sie
gelten als international anerkannter Kunstexperte, vor allem der modernen Kunst. Selbst
das New Yorker Museum of Modern Art sucht immer wieder um Ihren Rat nach. Welche Aussagekraft
hat die abstrakte Kunst im Vergleich zur traditionellen, klassischen Kunst?
'Ich
glaube genau die gleiche. Im Grunde. Nur ist es vielleicht so, dass in der alten Kunst
nur noch die ganz großen Kunstwerke zu uns sprechen, Kunstwerke, bei denen noch ein
Dialog entsteht. Nachdem die moderne Kunst sich vielmehr mit den Fragen beschäftigt,
mit den Situationen beschäftigt, die uns heute angehen, finde ich da in viel öfteren
Fällen einen Dialog oder einen Anknüpfungspunkt. Aber, das wechselt auch ja nach Bedürfnissen.
Manchmal beschäftigt mich eine Sache mehr, als eine andere. Und ich finde plötzlich
in einem Kunstwerk eine Antwort, die ich gestern noch nicht gefunden habe. Sicher
ist es so, dass die zeitgenössische Kunst mir mehr Dialog bietet, wie der größere
Teil der alten Kunst. Aber die ganz großen Kunstwerke,die bleiben und gehen uns alle
immer an'.
*Wie würden Sie den Begriff 'entartete Kunst' beschreiben. Gibt
es 'entartete' Kunst ünerhaupt?
'Das ist ein absolutes Unwort. Das kann nur
aus einem Ungeist entstehen.Eine entartete Kunst würde 'entartete Menschen' heißen.
Und das ist nicht akzeptabel. Es gibt durchaus Kunst, die wir momentan nicht verstehen
und die uns erschreckt oder schockiert. Es gibt Kunst auch heute, wo ich nicht weiß,
ob ich sie wirklich verstehe oder ob sie wirklich etwas Böses sagen oder tun will.
Aber das Urteil darüber, traue ich mir nicht zu. Ich kann nur hinschauen und so reagieren
wie ich gerade reagiere'.
*Bayern zählt zu den ältesten Staaten Europas. Das
Haus Wittelsbach hat für Europa immer eine wichtige Rolle gespielt. Was sagen Sie
heute zu Europa, zu seinen Erweiterungsplänen?
''Es war an der Zeit und sehr,
sehr gut, dass Europa zusammengefunden hat. Aber natürlich ist Europa ein Gebilde,
bei dem sich alle Teile aus eigenem Wissen und aus eigenem Wollen zusammengefunden
haben. Dies ist ein großer Unterschied zu den alten Großreichen, in denen immer neue
Gebiete erobert, angefügt wurden, manchmal gegen den Wille, manchmal mit ihrem Willen,manchmal
zu ihrem Nutzen, manchmal zu ihrem Schaden, während Europa doch ein großes Stück Freiwilligkeit
hat. Deswegen muss ein Gebilde, wenn es wirklich eine Einheit in irgend einer Form
werden will, auch eine gleiche, eine gemeinsame Grundlage haben. Eine gleiche Art
zu denken, gleiche Vorstellungen von Recht und Gerechtigkeit. Und es kann sich nicht
ständig nur geographisch erweitern. Ich glaube, da würde es irgendwann nicht mehr
funktionieren'.
*Bayern ist - wie viele andere Bundesländer - stark von der
Zuwanderung betroffen. Ein Porblem, das heute viele europäIsche Länder betrifft. Welchen
Weg würden Sie für das Zusammenleben der verschiedenen Kulturen aufzeigen?
'Einen
präzisen Weg weiß ich - glaube ich - genauso wenig, wie alle unsere Politiker heute,
die sich ja darum sehr bemühen. Ich bin mir aber sicher, dass erstens eine gewisse
soziale Gerechtigkeit, eine Chancengerechtigkeit doch ganz wichtig ist. Denn, wie
soll man von jungen Leuten erwarten, dass sie sich in unser Land einfügen, wenn sie
keine Chancen sehen oder wenn sie immer am verlierenden Ende sitzen? Und dafür ist
wohl eine der wichtigsten Grundlagen die Bildung. Ich glaube, wir müssen alles tun,
um das Bildungsniveaux schon in den Schulen für alle Menschen in diesem Land gleichzuschalten,
oder jedenfalls gleich versprechend zu machen. Dann werden die jungen Leute auch in
unsere Welt hineinwachsen'.
*In welcher Weise, auf welche Art hat das Haus
Wittelsbach zu ethischen Werten - wie wir sie heute verstehen - beigetragen?
'Es
hat eine Urkraft - alle neuen Elemente in relativ kuzer Zeit immer wieder einzufügen
und sie 'bayerisch' zu machen, wenn man das so ausdrücken will. Die Religiosität hat
hier sicher sehr stark mitgeholfen, dass gewisse Grenzen von Moral und von Rechtschaffenheit
eingehalten werden. Und ein gewisser Sinn für Kontinuität, auch für Tradition, hat
da sicher auch mitgeholfen und hat - wie das oft bei Tradition der Fall ist -eine
sichere Grundlage geschaffen, auf der man dann leichter und freier in die Zukunft
schauen konnte, als in einer Situation, wo man mehr Ängste gehabt hätte'.
*Die
Katholische Kirche spielte für die Entwicklung Bayerns immer eine wichtige Rolle:
vor allem die Klöster waren einst Ausgangspunkt von Bildung und Fortschritt. Der Glaube
prägte die Menschen. Wie ist die Lage heute? Welchen universalen, welchen intellektuellen,
welchen menschlichen Wert messen Sie der Religion bei?
'Religion bildet die
tiefsten Grundlagen eines jeden Lebens, eines jeden Einzelnen, genauso wie für das
Zusammenleben unter den Menschen. Bayern war sicher ein sehr stark katholisch geprägtes
Land. Heute ist die Situation durch die großen Flüchtlingszuströme in Auswirkung des
Zweiten Weltkrieges schon anders. Es hat sehr viel mehr nicht katholische Bestandteile.
Das hat allerdings schon im Jahre 1806 angefangen, als nichtkatholische Teile zu Bayern
zugekommen sind. Das hat sich nach dem Krieg sehr verstärkt, aber es ist ganz, ganz
wichtig, dass man die Religiosität als solche sehr hoch hält und schützt und nicht
lächerlich macht, wie das heute manchmal der Fall ist. Denn da kann man die Menschen
wirklich verunsichern. Am Ende könnte man für uns sagen: es steht nicht Religiosität
und die Religion an allererster Stelle, sondern der Glaube. Solange die Menschen im
Land ihren Glauben bewahren, werden sie sich immer irgendwo geborgen und sicher fühlen'.
*Sie
sind in den Augen vieler Menschen ein privilegierter Erdenbürger. Ob sie es wirklich
sind, das entscheiden oft andere Faktoren. Angenommen, Sie sehen sich selbst auch
als ein vom Glück beschenkter Mensch: an wen richten Sie Ihren Dank?
'Ja,
ich überlege, wieweit ich ein privilegierter Mensch bin. Es sind mir sicherlich viele
Wirkungsmöglichkeiten gegeben worden, die andere nicht haben oder sich sehr schwer
erwerben müßten. Ich gebe zu, dass eigentlich alles, was ich mache, mir auch Freude
macht. Ich lebe in einer Situation, die mir für mein Temperament irgendwie auf den
Leib geschnitten ist. Dafür bin ich sehr dankbar. Ja, der Dank ist natürlich beim
Herrgott, wo sonst?'
*Papst Benedikt XVI ist mit dem Haus Wittelsbach, mit
Ihnen persönlich und Ihrer Familie, schon seit Jahrzehnten verbunden. Was haben Sie
in dem Augenblick gedacht, als Sie im April 2005 die Nachricht erhielten, dass Kardinal
Joseph Ratzinger Papst geworden ist?
'Es war eine mit großer Spannung erwartete
Wahl. Sie war trotz allem eine gewisse Überraschung. Natürlich haben wir uns alle
sehr gefreut über diese Wahl, das lieg tin der Natur der Sache, das liegt in der Kenntnis
des Menschen, der da gewählt worden ist. Aber wir haben's natürlich auch mit einer
gewissen Neugierde betrachtet. Ich selbst kannte den heutigen Papst schon seit sehr
langer Zeit, ich wußte, wie grundverschieden er von seinem Vorgänger ist. Wir waren
alle sehr neugierig darauf, wie er diese neue Aufgabe angehen wird. Er hat sich so
schnell auch in die Handgabung seiner neuen Rolle eingearbeitet. Wir waren alle überrascht
und er hat uns eigentlich alle überholt.'
*Wenn wir durch die Geschichte des
Hauses Wittelsbach einen roten Faden ziehen: welche Konstante bildet sich da heraus?
Ist es Unabhängigkeit, ist es politische Eigenständigkeit, ist es Machtkalkül, ist
es Kunstsinn?
'Es ist- glaube ich - die enge Verbundenheit zwischen dem Land
und der Familie. Die geht wie ein riter Faden durch die Geschichte unseres Hauses.
Das hat sich immer bewährt, das Land hat sicher die Familie mindestens genauso geprägt,
wie die Familie das Land. Ich werde oft darauf angesprochen, wie viel wir hier im
Land gewirkt haben, aber das Land hat auf unsere Familie genauso gewirkt. Das ist
der rote Faden. Und immer, wenn wir uns von dem wegbewegt haben, wenn wir versucht
haben, in die große Weltpolitik hineinzugehen, ist es eigentlich immer schief gegangen.
Ich denke mir manchmal heute, dass es unser Glück war, dass wir zu Hause geblieben
sind, mit dem Land verzurzelt geblieben sind. Deswegen bin ich heute noch genauso
hier zu Hause, wie jeder andere Bayer'.
*Stimmt es, dass der Bruch von 1918
- das Ende der Monarchie - von einigen bis heute noch nicht ganz überwunden ist?
'Das
glaube ich eigentlich nicht. Es gibt so Traditionsvereine, die dieses Andenken hochhalten,
es gibt eine Art von Nostalgie, die immer wieder darauf hindeutet: es wäre doch schön,
wenn man das alles hätte. Man sieht den Glanz in England und solche Dinge. Im Grunde
glaube ich nicht, dass es heute irgend jemand gibt, der das als Bruch empfindet, ja,
als Bruch vielleicht schon, aber nicht als einen nicht überwundenen Bruch. Es gibt
vielleicht heute Leute, die ganz ruhig aus staatspolitischen und staatsrechtlichen
oder staatsphilosophischen Gründen sich überlegen, welche Staatsformen in welchen
Situationen am besten geeignet sind, ein Land zusammen zu halten. Aber das ist etwas
ganz anderes. Das hat damit gar nicht zu tun. Nun, im Grunde glaube ich, fühlt sich
heute jeder im heutigen Bayern sehr wohl und denkt gar nicht darüber nach, ob er lieber
in einem anderen Bayern leben würde'.
*Welcher der großen Wittelsbacher der
Vergangeheit liegt Ihnen persönlich am nächsten? Ist es Ludwig I., Maximilian II.,Ludwig
II. oder? 'Ich würde viel weiter zurückgreifen. Es gibt in der Wittelsbacher
Geschichte, die auch die Pfalz mit einschließt genauso wie Altbayern, immer wieder
Figuren, die einem berühren. Es gibt einen Kaiser Ludwig, den Bayern,der zwar im Zwist
mit Rom gelebt hat und gestorben ist, der aber trotzdem enorm viel geleistet hat.
Er hat hier in München gelebt, im sogenannten alten Hof, hat alle großen Geister seiner
Zeit um sich gehabt. Ich weiß nicht sehr viel über ihn, aber irgendwo ist er eine
Figur, die mich fasziniert. Es gibt in der Pfalz einen Kurfürsten Johann Wilhelm,
der bei aller absolutistischer Prachtentfaltung und Kunstsammlerei einen solchen Kontakt
zu den Menschen gefunden haben muss, dass die ihn heute noch ganz liebevoll als ihren
Jan Bellem bezeichnen. Das sind Dinge, die mich imponieren, die mir gefallen. Es gibt
einen Kurfürsten Maximilian I., der in einer sehr komplizierten Zeit, einen ganz geraden,
klaren Weg gegangen ist und damit auch durchgedrungen ist und Erfolg gehabt hat. Ja,
und dann gibt es unseren Zweig, das Königreich, wo sicher ein Ludwig I.eine der überragenden
Gestalten ist, mit allen skurilen Seiten, die er auch gehabt hat, der aber trotzdem
sehr genau verstanden hat, was sein Land braucht und der nie versucht hat, eine Militärmacht
zu werden, sondern genau gewußt hat, er erreicht einen ganz anderen Rang für sein
Land, wenn er die Kunst und die Kultur betont und ausbaut und beschützt. Und Max II.
in seiner Nachdenklichkeit, der verstanden hat, dass das Land jetzt wirklich den hohen
wissenschaftlichen Rang braucht, und das ausgebaut hat. Das waren immer wieder Menschen,
die ihre Zeit verstanden haben, und die Bedürfnisse ihrer Zeit verstanden haben und
das ganz nah an ihren Mitmenschen verfolgt haben'.
*In welcher Beziehung stehen
Sie eigentlich zur Ewigen Stadt? Sie sind bei den Höhepunkten der Biografie unseres
jetzigen Papstes Bendikt XVI; immer dabei gewesen. Bei siener Inthronisierung, vielleicht
auch bei sienem 80. Geburtstag, vielleicht auch bei sienem 75. GeburtstagŠ
'Leider,
bei den Geburtstagen konnte ich nicht. Da war ich einmal krank und einmal konnte ich
einfach nicht weg. Bei der Inthronisierung war ich dabei, die wunderbar beeindruckend
war, und dann, zu meiner ganz großen Freude, wurde uns gestattet, dem Papst mit der
ganzen Familie in einer Privataudienz einen Besuch zu machen. Das war mir sehr wichtig,
dass, wenn wir schon einen bayerischen Papst haben - dass dann das Haus Wittelsbach
auch einmal nach Rom kommen kann - um diesen Papst unseren Respekt zu erweisen. Ganr
abgesehen davon, dass es wirklich ein sehr, sehr netter und menschlicher Besuch war.
Ich komme leider viel zu selten nach Rom. Das liegt auch an meiner eigenen Unbeweglichkeit.
Aber wenn man hinkommt, ist man immer wieder berührt nicht nur von der Schönheit,
sondern auch von dem Atem dieser Stadt. Man spürt die lange Geschichte,man spürt,
dass die Dinge, die Probleme, nie die Probleme des Augenblick sind, sondern immer
die Fragen über lange Zeit hinweg. Das prägt die Stadt irgendwie und das spürt ein
jeder, der dort hinkommt'.
*Welche Werte stellen Sie in den Vordergrund, wenn
Sie mit jungen Menschen sprechen?
'Was zur Sprache kommt, erstaunlicherweise,
ist sehr oft die Frage nach einem gewissen Maß von guten Manieren und von Ehrlichkeit
ohne Rücksichtslosigkeit. Das muss man den junge Leuten immer wieder klar machen:
denn sie haben oft gelernt, sie sollen rücksichtslos ehrlich sein, und verstehen dann
oft viel zu spät, dass Ehrlichkeit nicht heißt, andere vor den Kopf zu stossen und
zu verletzen, sondern dass das auch in einer menschlichen Form geschehen kann. Für
mich selber ist dann die Erfahrung, die ich versuche weiter zugeben, dass für mich
Ehrlichkeit nicht heißt, dass ich immer jeden Menschen alles erzähle, was er auch
gar nicht hören will, sondern, dass das heißt, dass ich kein Theater spiele, mich
nicht verstelle und den Menschen ehrlich die Meinung sage oder die Situation erkläre,
wenn es notwendig ist. Das sind so Dinge, di eman weitergeben kann. Ansonsten ist
die Jugend eigentlich - nach meiner Erfahrung - unglaublich neugierig, aufgeschlossen,
lebendig. Ich habe noch nie Schwierigkeiten gehabt; mit jungen Menschen, sondern ich
war eigentlich immer der, der am Ende von ihnen etwas gelernt hat'.
*Wenn
Sie jetzt abschließend mit uns in die Zukunft schauen:welche Zeiche kündigen sich
dem Herzog Franz von Bayern da hinten irgendwo am Horizont an?
'Ich weiß gar
nicht, ob ich soweit nach vorne schau. Aber wenn ich so die Konstanten überlege, für
die Zukunft, sind es doch die Menschen.Und da habe ich eigentlich doch keine sehr
große Sorge.Wenn ich beobachte: wenn man heute mit guten Gründen und mit einem klaren
Plan die Menschen um Hilfe bittet, zum Beispiel,wenn man ihnen sagt: da brennt es,
da sind Menschen in Not, da muss etwas geschehen, erreicht man eigentlich fast alle.
Es ist erstaunlich, wie anspruchbar die Menschen sind und nicht nu für Geld spenden,
sondern für alles. Ich habe einmal erlebt, in einer Hilfsorganisation, allerdings
vor Jahrzerhnten, wie verschienene Organisationen den Auftrag hatten, den Zivilschutz
in Deutschland aufzubauen; mache hatten dafür fiannzielle Mittel und konnten auch
Enstchädigungen zahlen. Eine andere Organisation ist zu den jungen Leuten gegangen
und hat gesagt: Meine mieben Leute, das muss was geschehen, ihr werdet gebraucht.
Zahlen können wir euch gar nichts, aber helft uns. Und sie konnten sich nicht erwehren,
vom Zustrom. Also ich glauben, die Menschen, vor allem die jungen Menschen, sind wirklich
ansprechbar und haben durchaus ein Ohr für die Nöte der anderen. Sie sind manchmal
vielleicht emotional rasch dabei, die Dinge sind oft nicht so einfach, wie sie erscheinen.
Abder die Bereitschaft in den Menschen, die ist immer da. Auch der Umgang mitienander
ist im allgemeinen doch sehr, sehr gut und menschlich. Also, ich habe da gar keine
Sorgen. Wie das jetzt im Einzelnen weitergeht, weiß ich auch nicht. Aber schlecht
weitergehen - glaube ich - wird es nicht.'
*Königliche Hoheit, das ist ein
guter, positiver Abschluss, wir danken für dieses Gespräch.
'Ich möchte fast
noch etwas hinzufügen. Es gibt auch eine andere Beobachtung: wenn Sie sehen, wie der
Papst zu den jungen Leuten spricht, und welchen ungeheuren Zulauf er hat, dann zeigt
auch das, wie sehr die jungen Menschen auf der ganzen Welt bereit sind, solche Dinge
aufzunehmen.'