D/Großbritannien: „Anglikaner schauen auf Katholiken“
Die anglikanische
Kirche in England will künftig Frauen für das Bischofsamt zulassen. Dies beschloss
die Synode der „Church of England“ im nordenglischen York diese Woche. Die Abstimmung
hat eine wichtige Signalwirkung, da die „Church of England“ die Mutterkirche der anglikanischen
Kirche mit weltweit rund 77 Millionen Anhängern ist. Von einer drohenden Spaltung
der Weltgemeinschaft der Anglikaner, der „Anglican Communion“, ist seit mindestens
eineinhalb Jahrzehnten die Rede, jetzt scheint sie Tatsache zu werden. Benedikt XVI.
hatte auf Fragen von Journalisten auf dem Flug nach Sydney geantwortet, er bete für
die Anglikaner. Mario Galgano hat den anglikanischen Pfarrer in Berlin, Christopher
Jage-Bowler, gefragt, wie er die Situation seiner Kirche im Augenblick einschätzt.
„Es
ist eine Tatsache, dass vor einigen Jahren eine heftige Debatte innerhalb der so genannten
„Anglican Communion“ aber auch innerhalb der „Church of England“ über die Frage der
Priester- und Bischofsweihe für Frauen entstand. Diese Frage ist weiterhin umstritten.
Doch die „Anglican Communion“ ist eine Gemeinschaft von selbständigen Kirchen. Es
gibt keine gesetzgebende Zusammenkunft. Vielmehr sind diese Gemeinschaften durch die
geschwisterliche Liebe miteinander verbunden. Sie sind aber voneinander unabhängig.
Ich glaube deshalb nicht, dass es zu einem Schisma kommen wird, da es ja bereits eine
bedeutende Unabhängigkeitsverhältnis zwischen den Gemeinschaften gibt. Es gibt natürlich
Trennungen innerhalb der Kirche. Neu ist, dass die Generalsynode der „Church of England“
jetzt den Beschluss gefasst hat, dass Frauen auch zu Bischöfinnen ordiniert werden
können. Eine Spaltung ist also nur innerhalb der „Church of England“ möglich. Aber
innerhalb der „Anglican Communion“ sehe ich eigentlich keine Möglichkeiten eines Schismas.“
Welche
Strömungen, welche Positionen unterstützen die Anglikaner in Deutschland?
„Heutzutage
gibt es in allen Bereichen wenige Fragen, die von vornherein einstimmig gutgeheißen
werden. Wo Leute zusammenkommen, da gibt es immer verschiedene Meinungen. Bis jetzt
habe ich keine ablehnende Haltung – außer bei einer Gemeinde – zu dieser Frage gehört.
Diejenigen, die dagegen sind, machen das bei uns nicht öffentlich bekannt.“
Das
Votum der Kirche von England, Frauen uneingeschränkt zur Bischofsweihe zuzulassen,
ist aus katholischer Sicht ein Hindernis für die Einheit der Kirche. Ist diese Haltung
zur „apostolischen Tradition“ in der anglikanischen Kirche von Bedeutung? Wird darüber
diskutiert?
„Auf jeden Fall. Man hört mit großem Interesse bei uns, was
die römisch-katholische Kirche aber auch andere Kirchen zu dieser Frage sagen. Man
muss dennoch einsehen, dass es innerhalb der „Anglican Communion“ bereits Bischöfinnen
gibt. Da nun auch die „Church of England“ dies zulässt, kommt etwas auf uns zu, was
gar nicht neu ist.“
Ende Juli steht die Lambeth-Konferenz an. Welchen Verlauf,
vermuten Sie, wird sie haben? Welche Zeitungstitel erwarten Sie nach der Versammlung?
„Die
Lambeth-Konferenz ist eine Versammlung, die vor ungefähr 100 Jahren eingeführt wurde.
Seit damals kamen die Bischöfe zusammen, um gemeinsam zu beten, sich zu treffen, Bibelstudien
zu fördern und auch einander Mut zuzusprechen. Die Konferenz wurde nie als Entscheidungsgremium
verstanden. Doch im des 20. Jahrhunderts ist diese Konferenz durch eine zentralistische
Tendenz einen neuen Weg eingegangen.. Aber das war ja nicht der ursprüngliche Zweck
dieser Konferenz. Der jetzige Erzbischof von Canterbury hat ja vor kurzem gesagt,
die Konferenz sollte an ihre Ursprünge zurückkehren. Deshalb erwarte ich keine großen
Pressemeldungen, weil es ja nicht einmal eine Medienmitteilungen am Schluss der Konferenz
geben wird. Was ich in der Presse erwarte, ist nichts Spektakuläres. Die Medien suchen
doch etwas, was gar nicht stattfinden wird. Was nämlich bei der Lambeth-Konferenz
stattfinden wird, ist ein Bischofstreffen mit viel Gebet und Studium. Daher erwarte
ich keinen Bruch danach.“