Türkei /D: Minderheitenpolitik Hintergrund für Entführung
Die drei am Berg Ararat
entführten deutschen Bergsteiger sind weiter in der Hand von PKK-Rebellen. Die Bemühungen
des deutschen Außenministeriums um eine Freilassung laufen auf Hochtouren. Schon lange
hatte die PKK keine Geiseln mehr genommen, nun fürchten Beobachter eine Eskalation
der Gewalt. Das dahinterliegende Problem sei die Minderheitenpolitik des türkischen
Staats, erklärt Tilman Zülch. Er ist Gründer und Präsident der Gesellschaft für bedrohte
Völker International (GfbV). Unter ihr hätten Kurden, Armenier, Christen unterschiedlichster
Herkunft zu leiden. Die türkische Regierung dürfe auf den PKK-Terror nicht allein
mit Gegenterror antworten:
„Das Militär erweckt den Eindruck, als wäre es
immer wieder froh, dass die PKK diesen Kampf fortsetzt, weil sie so die Möglichkeit
hat, das Kurdische zu unterdrücken und westlichen und vor allem europäischen Forderungen
nicht nachgeben muss, den Kurden Rechte zu gewähren. Das mindeste – das fordert die
Gesellschaft für bedrohte Völker – wären das Recht auf die eigene Sprache und Kultur
und dass man endlich die politischen Gefangenen – meistens junge Leute, die sich an
PKK-Dingen beteiligt haben, aber aus Frustration und Ausweglosigkeit – dass man die
entlässt und die Dörfer wieder aufbaut.“
Die Lösung liegen auf der Hand,
so Zülch. Es sei notwendig…
„… dass die Türkei, die sich ja immer als europäischen
Staat bezeichnet, sich in eine Föderation umwandelt und dann den türkischen Regionen
in Südost-Anatolien Selbstverwaltung gewährt. Wir haben in Europa eine Fülle von solchen
Beispielen, die Türkei beruft sich ja immer auf Europa und will auch in die EU. Ich
erinnere an die Autonomie von Wales, von Schottland, von Katalonien, von Südtirol:
Daran könnte sich die Türkei orientieren!“
Die große Mehrheit der Kurden
vor Ort und in den Nachbarländern lehnt den Terrorismus ab, sie hätten die Nase voll
von Gewalt und Bürgerkrieg. Auch in Deutschland – wo ungefähr 800.000 Kurden leben
– sei die Haltung ablehnend, so der Menschenrechtsaktivist.
„Aber die PKK
hat gerade in Deutschland sehr dogmatische Anhänger, die aufgrund ihres eigenen Schicksals
so verbittert sind, dass sie diese Partei durch dick und dünn unterstützen. Was nicht
heißen muss, dass sie mit dieser Entführung von Deutschen einverstanden ist.“
Die
PKK verlangte in einer Erklärung, die Regierung in Berlin müsse ihre - wie es hieß
- feindliche Politik gegenüber der PKK und dem kurdischen Volk einstellen. Im Juni
hatte das Bundesinnenministerium jegliche Unterstützung des PKK-nahen kurdischen Senders
,Roj TV’ und dessen Ausstrahlung in Deutschland verboten. Der Fernsehkanal sitzt in
Dänemark. Die PKK ist in der Bundesrepublik seit 1993 verboten.