Keine substanziellen
Änderungen für die kirchliche Eheschließung sieht der Bamberger Erzbischof Ludwig
Schick im Wegfall des staatlichen Verbots einer „kirchlichen Hochzeit ohne Standesamt“
ab Januar 2009. Jetzt bestehe jedoch die Chance auf eine Diskussion über die mögliche
Anerkennung der kirchlichen Trauung auch von Staats wegen. Ein Beitrag von Birgit
Pottler. „Faktum ist“, so Schick in einem Brief an seinen Klerus, dass der Gesetzgeber
zwei Bestimmungen aus dem Personenstandsgesetz ersatzlos gestrichen hat, die besagen,
dass eine kirchliche Trauung nicht vorgenommen werden darf ohne vorherige Eheschließung
am Standesamt und dass ein Zuwiderhandeln eine Ordnungswidrigkeit darstellt. Gegenüber
Radio Vatikan erklärt der Erzbischof, die Kirche wurde in die Parlamentsentscheidung
nicht einbezogen: „Das ist in einer Aktion entstanden, ohne dass darüber richtig
diskutiert wurde. Es ist schon ein eigenartiger Akt, dass da nicht vorher auch konsultiert
wurde.“ Doch die Bestimmungen des Konkordats und der entsprechende Notenaustausch
von 1957 mit dem Heiligen Stuhl gelten weiterhin. Jetzt sei freilich die Zeit zum
Diskutieren gekommen:
„Jetzt gibt es aber die Chance, und das ist auch der
Vorteil der Sache, dass darüber verhandelt werden soll und meines Erachtens auch muss,
dass dann die Kirche endlich erreicht, was sie schon seit 1875 will: nämlich dass
die kirchliche Trauung, die ja in unserem Sinn sowieso die alleinige Eheschließung
ist, auch zivilrechtlich anerkannt wird.“
Die rein kirchliche Trauung hat
in Deutschland keinerlei Folgen im zivilen Bereich, z. B. für die Namensgebung, Fürsorgepflicht,
Vertretungsrechte, Erbschaftsansprüche der Ehepartner und ihrer Kinder. Doch die Kirche
wünsche sich eine Regelung - wie in einigen anderen Ländern Europas, zum Beispiel
in Italien, bereits vorhanden - wonach die kirchliche Trauung auch für den Staat Geltung
habe. Kirchenrechtler Schick plädiert für einen unbürokratischen Weg. „Dass
einfach durch eine Vereinbarung zwischen Staat und Kirche festgelegt wird, dass die
kirchliche Trauung die zivilen Effekte hat. D.h. es wird dann mitgeteilt, die beiden
sind ein Ehepaar, tragen diesen Namen etc.“ Rein kirchliche Trauungen sind
ohnehin nur unter besonderen Bestimmungen erlaubt:
„Das ist im Konkordat
festgelegt und auch in dieser Note, dass es nur möglich ist, wenn ein so genannter
sittlicher Notstand besteht, d.h. wenn Menschen krank sind und die zivilen Formalitäten
nicht mehr leisten können, kann kirchlich getraut werden ohne Ziviltrauung.“
Bei
Eheschließungen zwischen Rentnern oder Studenten, die nach zivilrechtlicher Trauung
auf Zuwendungen verzichten müssten, sei die Kirche skeptisch:
„Da war die
Kirche immer sehr vorsichtig und hat gewarnt. Manchmal wurden solche Paare dennoch
getraut, aber immer nur in Österreich.“
Unter Politikern wuchs im Laufe
der Woche der Widerstand gegen nur kirchlich geschlossene Ehen. Frauenrechtlerinnen
warnten vor einem Anstieg der Zahl von muslimischen Vielehen. Erzbischof Schick hält
das zwar für möglich, sieht die Gefahr jedoch auch aus gesetzlichen Gründen gering.
Der Islam sei anders als die katholische und evangelische Kirche keine Körperschaft
öffentlichen Rechts, die Eheschließung hat damit ohnehin keine rechtskräftige Norm.
Schick: „Darüber muss geredet werden, dass jetzt unter der Hand Zweit- und Dritttrauungen
für Muslime möglich sind, denn wir müssen darauf achten, dass bei uns die Einehe gewahrt
wird. Aber eine allzu große Gefahr sehe ich da auch nicht.“ (rv 11.07.2008
bp)