Mit Beratungen über
die Afrikapolitik hat der G8-Gipfel in Japan begonnen. Die Staats- und Regierungschefs
der sieben führenden Industrienationen und Russlands trafen in Toyako mit Vertretern
mehrerer afrikanischer Staaten und der Afrikanischen Union zusammen. Dabei ging es
um die Folgen der massiv gestiegenen Nahrungsmittelpreise für die armen Länder. Daneben
steht eine Vielzahl verwandter Themen auf der Agenda: Ölpreis, Energiepolitik, Klimawandel. Aus
Sicht des bischöflichen Hilfswerkes Misereor verdienen vor allem Klimawandel und die
sich verschärfende Hungerkrise die zentrale Aufmerksamkeit. So ist ein Umschwenken
in der Agrarpolitik der reichsten Länder der Welt unumgänglich, mahnt Misereor-Geschäftsführer
Martin Bröckelmann-Simon:
„Die Staats- und Regierungschefs müssen die kleinbäuerliche
und bäuerliche Produktion stärker in den Mittelpunkt stellen. Sie dürfen nicht den
Fehler machen, vor dem Hintergrund steigender Erdölpreise auf die Produktion von Agrartreibstoffen
zu setzen, die ganz dramatisch – wie sich gerade in der letzten Woche herausgestellt
hat – auch die Preisentwicklung beeinflussen. Wir sehen daran, das ganze Weltsystem
ist ein System, bei dem man nicht nur an einer Stelle ansetzen kann, sondern die Auswirkungen
der einen Maßnahme auf die anderen Problemfelder bedenken muss.“
Beim G8-Gipfel
liegen auch punktuelle, konkrete Vorschläge auf dem Tisch. EU-Kommissionspräsident
José Manuel Barroso etwa hatte angekündigt, die EU wolle afrikanischen Bauern ungenutzte
Agrarsubventionen in Höhe von einer Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Das ist
nur dann sinnvoll, wenn sich die Agrarpolitik der reichen Staaten insgesamt ändert,
sagt der Misereor-Geschäftsführer.
„Sicher sind Investitionen im ländlichen
Raum dringend erforderlich. Da geht es um Infrastruktur, die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen,
um Kleinbauern angepasste Agrarberatung, aber auch um Fonds, die Krisen und Katastrophen
abfedern helfen. Dafür kann dieses Geld sinnvoll eingesetzt werden, wenn denn gleichzeitig
sichergestellt ist, dass das gesamte System der Agrarsubventionen bald ein Ende findet.
Denn es hilft nichts, wenn nicht auch an dem System der Subventionen etwas geändert
wird, das dazu beigetragen hat, dass kleinbäuerliche Produktionen in Afrika und Lateinamerika
immer weniger rentabel geworden sind.“
Allgemein hält Bröckelmann-Simon
die Erwartungen an den G8-Gipfel für überzogen. Möglicherweise habe dieses Forum der
Reichsten als weltpolitisches Instrument ohnehin ausgedient.
„Man merkt
es daran, dass sie ausfransen, weil immer mehr Staaten hinzugeladen werden, weil eben
nicht nur diese acht die Weltgeschicke bestimmen können und sollen. Die zentrale Forderung
bleibt es, die bisherigen Versprechen erst einmal einzuhalten. Wir haben ja in Gleneagles
und Heiligendamm Zusagen für die öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen zu hören
bekommen, davon sind nach den jüngsten Berechnungen tatsächlich erst 15 Prozent umgesetzt.
Wenn die 50 bis 60 Milliarden Dollar, die in Gleneagles und Heiligendamm versprochen
wurden, nicht irgendwann tatsächlich fließen, macht sich der G8-Gipfel völlig unglaubwürdig
und - wenn das so weitergeht - hätte er sich damit endgültig von der Weltbühne verabschiedet.“