2008-07-07 15:12:37

Japan: Glaubwürdigkeitsproblem?


RealAudioMP3 Mit Beratungen über die Afrikapolitik hat der G8-Gipfel in Japan begonnen. Die Staats- und Regierungschefs der sieben führenden Industrienationen und Russlands trafen in Toyako mit Vertretern mehrerer afrikanischer Staaten und der Afrikanischen Union zusammen. Dabei ging es um die Folgen der massiv gestiegenen Nahrungsmittelpreise für die armen Länder. Daneben steht eine Vielzahl verwandter Themen auf der Agenda: Ölpreis, Energiepolitik, Klimawandel.
Aus Sicht des bischöflichen Hilfswerkes Misereor verdienen vor allem Klimawandel und die sich verschärfende Hungerkrise die zentrale Aufmerksamkeit. So ist ein Umschwenken in der Agrarpolitik der reichsten Länder der Welt unumgänglich, mahnt Misereor-Geschäftsführer Martin Bröckelmann-Simon:

„Die Staats- und Regierungschefs müssen die kleinbäuerliche und bäuerliche Produktion stärker in den Mittelpunkt stellen. Sie dürfen nicht den Fehler machen, vor dem Hintergrund steigender Erdölpreise auf die Produktion von Agrartreibstoffen zu setzen, die ganz dramatisch – wie sich gerade in der letzten Woche herausgestellt hat – auch die Preisentwicklung beeinflussen. Wir sehen daran, das ganze Weltsystem ist ein System, bei dem man nicht nur an einer Stelle ansetzen kann, sondern die Auswirkungen der einen Maßnahme auf die anderen Problemfelder bedenken muss.“

Beim G8-Gipfel liegen auch punktuelle, konkrete Vorschläge auf dem Tisch. EU-Kommissionspräsident José Manuel Barroso etwa hatte angekündigt, die EU wolle afrikanischen Bauern ungenutzte Agrarsubventionen in Höhe von einer Milliarde Euro zur Verfügung stellen. Das ist nur dann sinnvoll, wenn sich die Agrarpolitik der reichen Staaten insgesamt ändert, sagt der Misereor-Geschäftsführer.

„Sicher sind Investitionen im ländlichen Raum dringend erforderlich. Da geht es um Infrastruktur, die Bereitstellung von Finanzdienstleistungen, um Kleinbauern angepasste Agrarberatung, aber auch um Fonds, die Krisen und Katastrophen abfedern helfen. Dafür kann dieses Geld sinnvoll eingesetzt werden, wenn denn gleichzeitig sichergestellt ist, dass das gesamte System der Agrarsubventionen bald ein Ende findet. Denn es hilft nichts, wenn nicht auch an dem System der Subventionen etwas geändert wird, das dazu beigetragen hat, dass kleinbäuerliche Produktionen in Afrika und Lateinamerika immer weniger rentabel geworden sind.“

Allgemein hält Bröckelmann-Simon die Erwartungen an den G8-Gipfel für überzogen. Möglicherweise habe dieses Forum der Reichsten als weltpolitisches Instrument ohnehin ausgedient.

„Man merkt es daran, dass sie ausfransen, weil immer mehr Staaten hinzugeladen werden, weil eben nicht nur diese acht die Weltgeschicke bestimmen können und sollen. Die zentrale Forderung bleibt es, die bisherigen Versprechen erst einmal einzuhalten. Wir haben ja in Gleneagles und Heiligendamm Zusagen für die öffentlichen Entwicklungshilfeleistungen zu hören bekommen, davon sind nach den jüngsten Berechnungen tatsächlich erst 15 Prozent umgesetzt. Wenn die 50 bis 60 Milliarden Dollar, die in Gleneagles und Heiligendamm versprochen wurden, nicht irgendwann tatsächlich fließen, macht sich der G8-Gipfel völlig unglaubwürdig und - wenn das so weitergeht - hätte er sich damit endgültig von der Weltbühne verabschiedet.“

(rv 07.07.2008 gs)








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