Benedikt XVI. hat
am Samstag das internationale Paulus-Jahr eröffnet. Gemeinsam mit dem Ökumenischen
Patriarchen von Konstantinopel, Bartholomaios I:, und anderen Führern christlicher
Kirchen feierte er die Vesper am Grab des Völkerapostels in der römischen Basilika
Sankt Paul vor den Mauern. Bis zum 29. Juni des nächsten Jahres wollen Christen weltweit
an die Geburt des heiligen Paulus vor etwa 2000 Jahren erinnern; geplant sind zahlreiche,
auch ökumenische Initiativen.
Benedikt und Bartholomaios zogen in die Basilika
durch eine „Paulus-Tür“ ein, die die nächsten 365 Tage für Pilger offen stehen soll.
Anschließend entzündeten sie in einem Kohlebecken ein Feuer, das das ganze Paulus-Jahr
über brennen soll. Zum Gesang der Dresdner Kapellknaben, die derzeit auf Rom-Tour
sind, beteten die beiden Kirchenmänner dann am erst kürzlich wieder freigelegten Sarkophag
des Paulus, der im Jahr 65 nach seinem Martyrium vor den Mauern Roms hier beigesetzt
wurde. An der Feier nahmen außer Bartholomaios I. und seiner umfangreichen Delegation
auch Vertreter der orthodoxen Patriarchate von Jerusalem und Moskau sowie aus Griechenland
und Zypern teil. Die anglikanische Weltgemeinschaft war durch den Primas von Westindien,
Erzbischof Drexel Gomez, vertreten.
„Dazu habe ich dieses besondere „Paulusjahr“
ausgerufen: damit wir ihm zuhören und von ihm als unserem Lehrer jetzt „den Glauben
und die Wahrheit“ erlernen, in denen die Gründe für die Einheit unter den Jüngern
Christi verwurzelt sind“, sagte der Papst in seiner Predigt. „Fragen wir nicht nur:
Wer war Paulus? Fragen wir vor allem: Wer ist Paulus?“
Der Völkerapostel werde
„von vielen vor allem als streitbarer Mann hingestellt“, so Benedikt. Und wirklich
habe er „nicht nach oberflächlicher Harmonie gesucht“, weil ihm „die Wahrheit zu groß“
war.
„Christus hat sich nicht in den Himmel zurückgezogen und auf Erden eine
Schar von Anhängern zurückgelassen, die „seine Sache“ weiter betreiben. Die Kirche
ist nicht ein Verein, der eine bestimmte Sache voranbringen will. In ihr geht es nicht
um eine Sache. In ihr geht es um die Person Jesu Christi, der auch als Auferstandener
Fleisch geblieben ist... „Wisst ihr nicht, dass eure Leiber Glieder Christi sind?“
schreibt Paulus an die Korinther (1 Kor 6, 15). ... „Ist das Brot, das wir brechen,
nicht Teilhabe am Leib Christi? Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib; denn
wir alle haben teil an dem einen Brot“ (1 Kor 10, 16f). Mit diesem Wort redet uns
in dieser Stunde nicht nur Paulus, sondern der Herr selber an: Wie konntet ihr meinen
Leib zerreißen? Vor dem Angesicht Christi wird dieses Wort zugleich zur dringlichen
Bitte: Führe uns zusammen aus allen Trennungen. Lass es heute neu Wirklichkeit werden:
Ein Brot ist es. Darum sind wir viele ein Leib.“
Eindringlich warnte Benedikt
XVI. mit Blick auf Paulus davor, dem eindeutigen Zeugnis für die Wahrheit auszuweichen
und es sich allzu bequem zu machen.
„Die Wahrheit kostet Leiden in einer Welt,
in der die Lüge Macht hat. Wer dem Leiden ausweichen, es von sich fernhalten will,
der weicht dem Leben und seiner Größe selber aus; er kann nicht Diener der Wahrheit
und so des Glaubens sein. Liebe gibt es nicht ohne Leid – ohne das Leid des Verzichts
auf sich selbst, der Umwandlung und Reinigung des Ich in die wahre Freiheit hinein.
Wo nichts ist, das des Leidens wert wäre, da verliert auch das Leben selbst seinen
Wert. Die Eucharistie – die Mitte unseres Christseins – beruht auf der Hingabe Jesu
Christi für uns, sie ist aus der Passion der Liebe geboren, die im Kreuz ihren Höhepunkt
fand. Von dieser sich schenkenden Liebe leben wir.“