2008-06-24 14:42:42

D: Ist der Mensch patentierbar?


RealAudioMP3 Beim Europäischen Patentamt (EPA) in München steht eine Grundsatzentscheidung zur Patentierbarkeit menschlicher embryonaler Stammzellen an. Am Dienstag und Mittwoch findet vor der Großen Beschwerdekammer des EPA eine Anhörung zu einem bisher nicht genehmigten Patent der US-Firma „Wisconsin Alumni Research Foundation“ statt. Kritiker erwarten, dass der Ausgang des Musterprozesses für alle weiteren anhängigen Fälle verbindlich sein wird. Dabei geht es nach den Angaben um rund 100 weitere Patentanmeldungen.
Der Mainzer Moraltheologe Johannes Reiter bezeichnete es als problematisch, dass das EPA ethische Grundsatzentscheidungen von dieser Tragweite fällen könne. Die katholische Kirche habe nichts gegen Patente, außer sie berühren die Würde des Menschen. Johannes Reiter:

„Die Entscheidung des Europäischen Patentamtes über das Stammzellpatent ist insofern eine Grundsatz- und Richtungsentscheidung, als sie erkennen lässt, wie die Gesellschaft künftig mit Leben und insbesondere mit menschlichem Leben umgehen wird. Auch wird ersichtlich, welchen Schutz und welche Würde sie dem Leben zuerkennt. Die Menschenwürde und vor allem ihre Verletzung sind der Prüfstein des Fortschritts.“

Derzeit werden 110 Patentanmeldungen in der Stammzellenforschung geprüft, für 68 weitere Patente ist eine Prüfung beantragt.

„In der Patentierung embryonaler menschlicher Stammzellen sehe ich einen klaren Verstoß gegen die Menschenwürde und zwar aus zwei Gründen: Erstens wird die Menschenwürde getroffen durch das Gewinnungsverfahren der Stammzellen, da Embryonen hierfür getötet werden müssen. Zweitens wird mit der Patentierung von embryonalen Stammzellen die Menschenwürde getroffen, insofern der menschliche Körper bzw. Teile davon zu einer bloßen Sache und zu einem Verfügungsgut und Gegenstand kommerziellen Gewinnstreben werden.“

Die katholische Kirche hat hierzu eine klare Meinung, hält der Moraltheologe fest.

„Leben als solches gehört allen und kann nicht patentiert werden. Auch der menschliche Körper ist keine patentierbare Erfindung. Er verdankt sich den Eltern und letztlich dem Schöpfergott, ohne den es kein Leben geben kann. Das sieht übrigens auch das Patentrecht so. Denn das Patentrecht schließt ebenso Verfahren aus, die gegen die so genannten Guten Sitten verstoßen und rechnet dazu das Klonen von menschlichen Lebewesen und Eingriffe in die menschliche Würde. Meiner Meinung nach müsste auch die Patentierung embryonaler Stammzellen unter das Patentierungsverbot fallen.“

Bei der Entscheidung des Münchner Patentamtes geht es um ein Patent, das der US-Forscher James Thomson bereits im Januar 1995 beantragt hatte. Bislang war er damit gescheitert. Die Große Beschwerdekammer des EPA ist die letzte Instanz. Ihr Spruch kann vor keinem anderen Gericht angefochten werden.

(rv/kna 24.06.2008 mg)








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