Der Vatikan hat Touristen zu mehr Klimabewusstsein und Schöpfungsverantwortung aufgerufen.
„Die große Herausforderung scheint in der Überwindung einer gewissen, kranken Eigenliebe
zu liegen, in der Bekämpfung des Egoismus und mit einem klaren und ehrlichen Blick
auf die Erde, denn sie läuft Gefahr unterzugehen“, heißt es in der Vatikanbotschaft
zum Welttag der Touristen, die an diesem Montag veröffentlicht wurde. Die Welt stehe
am Scheideweg. Alle Touristen und die internationale Gemeinschaft müssten deshalb
eine „grüne Kultur“ achten und nicht zu einer weiteren globalen Erwärmung beizutragen.
Die Botschaft trägt die Unterschrift von Kardinal Renato Raffaele Martino, des
Präsidenten des Päpstlichen Rats für Migrantenpastoral und Menschen unterwegs. Sie
erinnert daran, dass der Vatikan der erste CO2-freie Staat ist und nennt konkrete
Verhaltensbeispiele: „Man kann also noch wählen zwischen den beiden vor uns liegenden
Wegen, ein Tourist für oder gegen die Erde zu sein. Man kann sich beispielsweise dafür
entscheiden, zu Fuß zu gehen, Hotels und Aufenthaltsorte zu wählen, die in nahem Kontakt
mit der Natur sind, oder weniger Gepäck mitzuführen, damit die Transportmittel weniger
Abgase ausstoßen. Man kann als Tourist den Abfall getrennt entsorgen, ökologischere
Mahlzeiten einnehmen, Bäume pflanzen, um die verunreinigenden Einflüsse zu neutralisieren,
die örtlichen Handwerksprodukte anderen gegenüber bevorzugen, die aus aufwendigen
und schädlichen Materialien gemacht sind. Man kann wieder verwendbares oder biologisch
abbaubares Material benutzen, die örtliche Gesetzgebung respektieren und die Kultur
des Gebietes, in das wir uns begeben, richtig bewerten.“ - Der Welttag des Tourismus
wird am 27. September begangen.(rv 23.06.2008 bp)
Wir veröffentlichen nachfolgend
die Botschaft im Wortlaut:
PÄPSTLICHER RAT DER SEELSORGE FÜR DIE
MIGRANTEN UND MENSCHEN UNTERWEGS Botschaft anlässlich des Welttag
des Tourismus 2008 (27.September)
Thema: Der Tourismus stellt
sich dem Klimawechsel Die Vatikanstadt ist der erste souveräne
Staat, der eine Emission von Kohlendioxid (Co2) gleich Null hat, durch die Schaffung
einer Waldzone im Jahre 2007 in einem ungarischen Gebiet seines Eigentums. Dieser
Plan zielt darauf hin die Vegetation zu regenerieren und stellt ein bedeutender ökologischer
Einsatz unserem Planeten gegenüber dar im höchsten Ausdruck seitens der Katholischen
Kirche. Ein weiteres Zeugnis, wie sehr das Problem dem Heiligen Stuhl am Herzen liegt,
ist das Projekt einer photovoltaischen Anlage mit Sonnenpaneelen, durch die dem Vatikanstaat
täglich eine Menge Energie zufließen wird, die eine wichtige Quote ihres Gesamtverbrauches
ausmacht. Das sind zwei konkrete Beispiele, die zur Überlegung anregen müssen über
die schwierige ökologische Situation der Zukunft, hervorgerufen durch den Klimawechsels
auf unserem Planeten, durch die Abholzung der Wälder und durch das Phänomen des Temperaturanstiegs
auf der Erdkugel.
Um nun in diesem Zusammenhang auf unser spezifisches
Thema einzugehen, nämlich “der Tourismus, einer der Vektoren der aktuellen klimatischen
Veränderungen, da er in überspitzter Form zum Prozess der Erwärmung der Erde beiträgt“
(siehe Ansprache des Generalsekretärs der OMT, März 2007). Wenn wir bedenken, dass
sich im Augenblick 900 Millionen Personen auf eine touristische Reise begeben ( 2029
schätzt man, dass es 1,6 Millionen sein werden) und sich im Flugzeug, auf dem Meer
und der Erde fortbewegen und dabei die Umwelt verschmutzenden Treibstoff benutzen
und in den mit Klimaanlangen versehenen Hotels absteigen, stehen wir Faktoren gegenüber,
die alle zu einer Emission von giftigen Gasstoffen beitragen .
Natürlich
ist es nicht nur eine Frage des Tourismus allein, denn viele andere Aktivitäten tragen
zur Verschmutzung, zum Temperaturanstieg und folglich zu einer Verarmung der Atmosphäre
bei, was negative Auswirkungen auf das Klima und die Umwelt hat. Wir stehen in der
Tat einer unsicheren und delikaten Phase der Menschheitsgeschichte gegenüber, praktisch
an einem Scheideweg. Vor uns stehen die zwei sprichwörtlichen Straßen des Guten und
des Bösen, wie es die Bibel lehrt (vgl. Dt 30,15; Jo 3,14). So ist der Text der
Genesis bezüglich der Schöpfung vielleicht den politischen Traktaten, die die Welt
regieren als “Anlage“ beigefügt, aber praktisch vergessen worden. Das zeigen die verspäteten
Entscheidungen selbst der im globalen ökologischen Gebiet fortschrittlichen Völker,
wie auch die Auflehnung derjenigen, die zögern, die internationalen Protokolle zu
ratifizieren, die doch die Erhaltung der Umwelt und die Verringerung der Emission
des Kohlendioxids zum Ziel haben. Würden wir hingegen auf die Worte Gottes in ihrer
Wahrheit, Schönheit und Poesie hören (Gen 1,1-31), würde das Universum sich uns wie
ein Angebot zeigen, das es zu erhalten gilt, ja wie ein Geschenk, ein “Paradies“,
in dem sich alles in Harmonie und in Lebensfreude verbindet. Die Erde ist ein Garten,
ein Ort, wo das Geschöpf die Liebe dessen lobsingen kann, der es erschaffen hat und
wo der Gleichklang die Norm ist, in der Ekstase eines üppigen Gartens, voller Früchte,
Bäume und Leben. Jedoch da, wo die Schönheit herrschte, die von dem heiligen inspirierten
Autor betrachtet wird, bleibt die Tür der Freiheit, ohne Wahrheit und Liebe offen
für Gräuel und Sünde: das Gleichgewicht ist der Unordnung gewichen, der Friede ist
zerstört von der Gewalt, der Folter und dem Krieg, auf die Vegetation folgt Dürre
und Katastrophe. Wo Licht war, welches sich mit der Dunkelheit abwechselte, um den
Rhythmus zwischen Arbeit und Ruhe festzulegen, dort gibt es Ausschweifungen, rhythmisches
Durcheinander und Chaos. Wo der Dialog der Liebe herrschte zwischen Mann und Frau
im Frieden der Gefühle, dort hat die Sünde, die Anklage Adams gegen Eva, seine Gemahlin,
Platz gefunden, und Feindschaft, Brudermord, Sintflut. So ist der Garten zu einer
Wüste geworden, die Blumen sind verwelkt, das Wasser hat alles verschlungen und zerstört,
was sich auf dem Weg seiner anschwellenden Flut befand und andere Hindernisse sind
geschaffen worden, die Bomben haben Krater gebildet, das Beschauliche hat sich in
widerrechtliche Aneignung gewandelt, der Dialog ist ein Selbstgespräch der Allmacht
geworden. Brüder machen Brüder zu Sklaven und die Völker haben nicht mehr den Lebensbaum
im Paradiesgarten gefunden, weil sie von der Frucht des Guten und des Bösen gekostet
haben.
Welcher ist aber für uns der ökologische Weg des Guten, um uns
dem Klimawechsel zu stellen, dem Thema des diesjährigen Welttags? Die große Herausforderung
scheint in der Überwindung einer gewissen, kranken Eigenliebe zu liegen, in der Bekämpfung
des Egoismus und mit einem klaren und ehrlichen Blick auf die Erde, denn sie läuft
Gefahr unterzugehen. Hiermit soll nicht gesagt sein, dass der Mensch sich von der
Enttäuschung übermannen lassen soll, im Gegenteil, es bedeutet, die eigene Verantwortung
auf persönlicher und gemeinschaftlicher Ebene übernehmen, um nach der Erbsünde die
Harmonie wieder herzustellen und zuzulassen, dass der Planet wieder seinem eigenen
Lebensrhythmus folgt, und ihm dabei helfen. Konkret bedeutet das, nicht noch mehr
zum Ansteigen der globalen Erwärmung beizutragen mit beschlossenen oder verantwortungslosen
menschlichen Aktionen, Vorzeichen eines verfrühten Verfalls. Das Böse liegt in den
Strukturen oder Dingen, die eine Verunreinigung beschleunigen, ohne der inneren Stimme
des Menschen Gehör zu schenken, die warnend anmeldet, sich der Grenzen bewusst zu
werden, ohne die zu treffenden Entscheidungen zu bewerten, die in einem Rahmen der
Brüderlichkeit und des barmherzigen Wohlwollens getroffen werden müssen mit Blick
auf die kommenden Generationen und zum allgemeinen universellen Wohl der Zukunft.
Es ist nicht recht, dass die Menschen das Ende der Erde und den Lauf der Generationen
heraufbeschwören, aus Fahrlässigkeit, oder aufgrund egoistischer Entscheidungen und
des übertriebenen Konsumismus, so als ob die andern und die, die nachkommen werden
nichts bedeuten würden. Es besteht ein Egoismus gegenüber der Zukunft, der sich im
Fehlen der Überlegungen und der Perspektiven, in der Trägheit und im Aufgeben zeigt.
Welcher Appell entspringt nun aus all diesem für uns, für die
Tourismus-Seelsorge, inspiriert von dem Thema, welches die Welt-Tourismus-Organisation
vorgeschlagen hat und was wir aufnehmen wollen? Die Ethik der Verantwortung
muss von allen gepflegt werden – und für uns insbesondere von den Touristen. Diese
Ethik schließt auch die Achtung der Zukunft und der ökologischen und klimatischen
Bedingungen ein, die dies möglich machen.
Konkret gesagt, erhoffen
wir den Beitrag aller, also auch der Touristen, um den Zyklus der Erde auf der wir
leben zu erhalten, indem alle aufmerksam die Verhaltensweisen beachten und die abgestimmten
Aktionen, die für unsere Erde weniger Schattenseiten bringen, ungeachtet jeder, selbst
gerechtfertigten Klage der Ungleichheit, der Schäden und der möglichen Scheiterung. Der
Tourist – für den wir eine spezifische Seelsorge ausführen – kann mit seinem Verhalten
dazu beitragen, unsere Erde am Leben zu erhalten und auch das Ansteigen einer klimatischen
Veränderung abzuwenden, die uns alle ja beängstigt. Man kann also noch wählen zwischen
den beiden noch vor uns liegenden Wegen, ein Tourist für oder gegen die Erde zu sein,
indem man vielleicht zu Fuß geht, Hotels und Aufenthaltsorte wählt, die in nahem Kontakt
mit der Natur sind, weniger Gepäck mitholt, damit die Transportmittel weniger Abgase
abstoßen, den Abfall in differenzialer Form entsorgen, ökologischere Mahlzeiten einnehmen,
Bäume pflanzen, um die verunreinigenden Einflüsse zu neutralisieren, die örtlichen
Handwerksprodukte anderen aufwendigen und schädlichen Materialien gegenüber bevorzugen,
wieder verwendbares oder biologisch abzubauendes Material benutzen, die örtliche Gesetzgebung
respektieren und die Kultur des Gebietes, in das wir uns begeben, richtig bewerten. Wir
haben uns auf die konkrete Linie begeben und gewagt mustergültige Vorschläge zu machen,
die vielleicht nicht von allen angenommen werden. Auch Lösungen haben wir vorgeschlagen,
die geeignet sind, der Natur „weniger Schaden zuzufügen“ oder auch auf die Stimme
dessen zu hören, der an unsere Tür pocht, um uns zu ermutigen, neue Formen des Tourismus,
des tragbaren Tourismus, zu entwerfen.
In dieser “ökologischen“ Logik ist
es von äußerster Wichtigkeit, sich der Grenzen bewusst zu werden und sich einem
irren Fortschritt um jeden Preis sowie der Sucht nach Besitz und Konsum entgehen zu
stellen. Dieses, sich der Grenzen bewusstwerden, pflegt man, wenn man
das Anderssein zwischen seinesgleichen und der Transzendenz des Schöpfers seinen
Geschöpfen gegenüber anerkennt. Dies geschieht, wenn man sich nicht an die Stelle
dessen stellt, der neben einem steht und den andern die Rechte zugesteht, die man
auch für sich selbst fordert. Das bedeutet, dass man sich öffnet für die Brüderlichkeit
auf der einen Erde, die allen gehört, und heute wie morgen für alle da ist.
Jedes
menschliche Wesen und noch mehr der Christ, muss Rechenschaft geben und Verantwortung
tragen für einen tragbaren Planeten, und die Qualität dieser unserer Erde,
die auch die Erde der künftigen Generation ist. Alle Touristen, wie auch die internationale
Gemeinschaft müssten deshalb eine ’grüne’ Kultur achten und dazu ermutigen,
die die Umwelt achtet und besonders für uns Christen durch die ethischen und auch
die moralischen Werten gekennzeichnet sein muss. Das Buch Genesis spricht von einem
Anfang, in dem Gott den Menschen zum Wächter der Erde macht, damit diese Frucht bringe.
Unsere moslemischen Brüder sehen in ihm “den Majordomus“ Gottes. Vergisst der Mensch,
dass er ein treuer Diener der Erde und Gottes ist, lehnt diese sich auf und wird zur
Wüste und bedroht das Überleben der ganzen Schöpfung. Es müssen starke Bande zwischen
den einzelnen Generationen geschlossen werden, damit Zukunft möglich ist; es muss
eine freudvolle Strenge entwickelt werden, die das wählt, was weder vergänglich
noch verderblich ist. Eine Liebe zur Erde muss gepflegt und die Logik des Todes muss
entwaffnet werden, es muss ermutigt werden zur Liebe zu diesem teuren Raum, der uns
allen gehört, in Erinnerung an das Geschenk und in der Verantwortung für jeden Augenblick,
in konstantem Dienst der Brüderlichkeit, auch im Hinblick auf die, die nach uns kommen.
In dieser Weise, wird sich eine Kultur des verantwortungsvollen Tourismus entwickeln,
auch bei klimatischen Veränderungen.
Das ist unser Wunsch, unser großes Anliegen
und unser Gebet in diesem Jahr der Gnade 2008.
Renato Raffaele
Kardinal Martino Präsident
+Erzbischof
Agostino Marchetto SekretärAus dem Vatikan, 18. Juni 2008