2008-06-18 11:29:13

Vatikan: "Nicht eindimensional leben!"


RealAudioMP3 Gebet und Stille brauchen nach den Worten von Papst Benedikt XVI. einen festen Platz im Leben. "Wer Gott auslässt, der tut nicht mehr das Richtige", sagte der Papst am Mittwoch bei der Generalaudienz auf dem Petersplatz. Wer sich allerdings nur dem Ewigen widmen wolle, der vernachlässige auch die Verantwortung für seine Mitmenschen. Man müsse sich Zeit für Gott nehmen, der die Maßstäbe für das Leben gebe. An diesen solle sich das Handeln ausrichten. Durch regelmäßiges Beten könnten die täglichen Aufgaben ihren wahren Sinn erhalten und zu einem Ausdruck der Hingabe an Gott und die Mitmenschen werden, so Benedikt XVI. Im Mittelpunkt seiner Katchese stand der Heilige Isidor. Er gilt als der letzte Kirchenvater der christlichen Antike. Hier Benedikts Worte in deutscher Sprache.
 Heute möchte ich über den heiligen Isidor von Sevilla sprechen, der als der letzte Kirchenvater des christlichen Altertums gilt. Isidor war der jüngere Bruder von Leander, dem Erzbischof von Sevilla, dem er im Jahr 599 als Bischof von Sevilla nachfolgte. Wie wir es neulich von Papst Gregor dem Großen gehört haben, mußte sich auch Isidor trotz seiner Neigung zum wissenschaftlichen und beschaulichen Leben mit vielen politischen und administrativen Fragen auseinandersetzen in einer unruhigen Zeit, in der die Westgoten Spanien besetzt hatten, das lateinische Erbe – die Bevölkerung aus der römischen Zeit – und die neue, wie man sagte, „barbarische“ Welt aufeinandertrafen und zur Einheit finden mußten, die schließlich gefunden wurde, als der westgotische Thronfolger Hermengild sich zum Katholizismus bekehrte. In all diesen Wirren mußte er Stifter der Einheit sein und sich um das Zusammenwachsen dieser neuen Gesellschaft sorgen. Trotzdem blieb er ein betender Mensch und auch ein Mensch, der sich viel um Kultur und Wissenschaft gemüht hat. Er hat ein reichhaltiges Werk hinterlassen: Seine Werke bilden eine umfängliche, wenn auch nicht systematische Sammlung des heidnischen, christlichen und jüdischen Wissens seiner Zeit, das er angesichts der politischen Umwälzungen für seine Gläubigen und für die Nachwelt erhalten wollte. Daraus möchte ich eine wichtige Lehre über den inneren Zusammenklang zwischen Beschauung und Aktivität herausgreifen, in der er seine eigene Erfahrung zusammenfaßt. Er warnt die Menschen davor, „eindimensional“ zu leben und empfiehlt statt dessen einen Mittelweg: nicht nur Betrachtung, Beschauung, Studium, Wissenschaft betreiben, aber auch nicht nur Aktion und Aktivismus, sondern beides in der rechten Weise miteinander verbinden. Wer Gott in seinem Leben ausläßt, weil er so viel zu tun hat, der tut am Schluß auch nicht mehr das richtige. Und wer sich nur dem Ewigen widmen will, der vernachlässigt, daß er ein Mensch ist mit Verantwortung für die Menschen seiner Zeit. Isidor sieht das Vorbild für diese Synthese in Jesus Christus selbst, der sich dem Wirken für die Menschen in der Predigt, im Helfen und Heilen hingegeben hat, der aber nächtens im Gebet beim Vater war. So, in dieser Weise – sagt er uns – sollen wir Christus nachahmen: daß wir Zeit für Gott haben und von ihm uns die Maßstäbe des Lebens geben lassen, aber von diesen Maßstäben her dann auch wirklich Verantwortung für das Leben in dieser Welt übernehmen.
Mit Freude begrüße ich die deutschsprachigen Pilger und Besucher hier auf dem Petersplatz. Einen besonderen Gruß richte ich an die Wallfahrer der Suchthilfeeinrichtungen des Deutschen Ordens und natürlich auch an die Marianische Kongregation aus Köln. Achten auch wir darauf, dem Gebet und der Stille einen festen Platz in unserem Tagesablauf einzuräumen, damit unsere zahlreichen Aufgaben einen tiefen Sinn, eine Mitte erhalten und zu einem Ausdruck der Hingabe an Gott und unsere Mitmenschen werden. Der Herr segne euch und eure Familien.
 
Als Schutz gegen die römische Sonne setzte Benedikt XVI. einen breitkrempigen roten Hut auf, als er zum Abschluss der Audienz einige Pilger begrüßte. Mit einem solchen "Saturno" hatte er bereits im vergangenen Sommer die Aufmerksamkeit von Fotografen erregt.

 
(rv / kna 18.06.2008 mc)








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