Mit der Krise des
Politischen will sich der Vatikan beschäftigen. Am Freitag beginnt im Vatikan dazu
ein zweitägiger Kongress, an dem etwa sechzig Politiker und Politikwissenschaftler
aus der ganzen Welt teilnehmen. Wir haben mit Kardinal Renato Raffaele Martino gesprochen,
dem Präsidenten des Päpstlichen Rats für Gerechtigkeit und Frieden, der das Treffen
ausrichtet.
„In der Tat kann man sagen, dass die Politiker die ersten sind,
die an dieser Krise des Politischen zu leiden haben. Ihre Ursache hat sie, wie der
Papst betont hat, in der Krise der „politischen Vernunft“. In der Unfähigkeit also,
das Naturrecht als gegeben anzuerkennen. Folglich wird nicht mehr anerkannt, dass
es eine allen Menschen gemeinsame Vernunft gibt, zumindest in den großen Wertorientierungen.
Deswegen ist es so dringend, von Seiten der Kirche auf die Existenz unverfügbarer
Rechte hinzuweisen, die nicht verhandelbar sind, und zwar auch in einer Situation
des kulturellen Pluralismus, die ja unsere Zeit kennzeichnet.“
Auch das
Thema „Laizität“ steht auf der Agenda, in vielen Ländern ein kontrovers diskutierter
Begriff. Der Kongress will eine positive Deutung versuchen.
„Laizität liegt
im Prinzip der Autonomie begründet, und die wird wiederum begründet durch die einzige
expliziten Äußerung Jesu zu einer sozusagen „politischen und sozialen Theorie“, wenn
er nämlich den Streit schlichtet um den Tribut, der dem Kaiser zu zahlen ist. Es geht
also darum, ein rechtes Verhältnis zu schaffen zwischen der Sphäre des Glaubens und
der Welt, und zwar in der Perspektive, wie sie der Papst in seiner Enzyklika „Deus
Caritas est“ angibt. Dort spricht der Papst in Sachen Staat-Kirche-Verhältnis von
zwei unterschiedenen Sphären, die aber in gegenseitiger Wechselbeziehung stehen.“
Das
vom Päpstlichen Rat für Gerechtigkeit und Frieden organisierten Treffen steht unter
dem Motto „Politik, anspruchsvolle Form der Nächstenliebe“. Es nehmen u.a. teil der
Politikwissenschaftler und Gründer der Gemeinschaft Sant’Egidio, Andrea Riccardi,
der US-Parlamentarier Chris Smith und die Außenministerin des Gabun Laure Olga Gondjout.