Die russisch-orthodoxe
Kirche will mit dem Vatikan zusammenarbeiten, um die christlichen Werte Europas zu
festigen. Das hat Patriarch Alexij II. dem päpstlichen Ökumene-Verantwortlichen Kardinal
Walter Kasper bei einem persönlichen Gespräch im Moskau zugesichert. Der Präsident
des Päpstlichen Rates für die Einheit der Christen bereiste in den vergangenen Tagen
Moskau und die Russische Föderation auf Einladung des Metropoliten Kyrill von Smolensk
und Kaliningrad. Nach seiner Rückkehr sagte Kardinal Kasper im Interview von Radio
Vatikan:
„Der Patriarch und auch der Bischof haben mir sehr deutlich gesagt:
Es genügt nicht, die Mauern der oft zerfallenen Kirchen nach der kommunistischen Zeit
zu restaurieren, wir brauchen eine geistliche Erneuerung. Er will mit uns zusammenarbeiten,
um die christlichen Wurzeln, die christlichen Werte Europas zu befestigen.“
Das
Gespräch mit Alexij, dem Kasper dem Patriarchen auch ein persönliches Schreiben Papst
Benedikts übermittelte, habe fünf Viertelstunden gedauert, sagte Kasper.
„Die
Begegnung mit dem Patriarchen ist in einer sehr freundlichen Atmosphäre verlaufen,
wir haben über meine Reise gesprochen, er hat sich sehr gefreut über das Interesse
an der orthodoxen geistlichen Tradition; natürlich hat er am Ende auch die bekannten
Fragen erwähnt, die die russisch-orthodoxe Kirche immer stellt. Es war aber kein Gegenstand
einer langen Diskussion darüber, auch was die so genannten unierten Kirchen angeht.
Ich habe dann abgehoben auf die positive Entwicklung, die es gegenwärtig ja auch in
der Ukraine gibt.“
Ein wichtiger Punkt im Gespräch mit dem Patriarchen
sei auch die Fortführung des Dialogs mit allen orthodoxen Kirchen zusammen gewesen,
also die Fortführung des Treffens von Ravenna im vergangenen Jahr. Aus Protest gegen
die Teilnahme einer estnischen Delegation waren die Vertreter der russisch-orthodoxen
Kirche aus Ravenna vorzeitig abgereist. Dazu Kardinal Kasper:
„Das sind
Probleme zwischen Konstantinopel und Moskau, das sind innerorthodoxe Probleme über
den Status der Kirche in Estland; wir können hier nicht direkt eingreifen, aber wir
sind natürlich sehr interessiert, und deshalb insistiere ich sehr stark in Moskau
und auch in Konstantinopel, dass sie eine Lösung bzw. einen Kompromiss in dieser Frage
finden, weil ich es persönliche sehr schwierig finde, den Dialog fortzuführen ohne
die russisch-orthodoxe Kirche, die die größte der orthodoxen Kirchen ist und die sich
auch theologisch im Augenblick erfreulich weiterentwickelt. Sie entwickelt sich auch
weiter, was Jugendpastoral angeht, was soziale Aktivitäten angeht, was kulturelle
Aktivitäten angeht - auch da ist sozusagen eine neue Phase.“
Kardinal
Kasper wollte bei seiner Reise, wie er sagte, die religiöse und spirituelle Tradition,
die in Russland sehr reich ist, kennen lernen. So besuchte er auch die Kirche Unserer
Lieben Frau von Kazan in der russischen Teilrepublik Tatarstan. Beeindruckt hätten
ihn auch drei Begegnungen mit Studenten.
„Sie haben sehr kluge Fragen gestellt,
keineswegs feindselige oder kritische, provokante Fragen. Sie waren gut informiert
über die katholische Kirche und hatten vor allem ein großes Interesse, die katholische
Kirche besser kennen zu lernen. Dieses positive Interesse an der katholischen Kirche
ohne die alten Vorbehalte und Vorurteile habe ich auch sonst wahrgenommen.“ (rv
02.06.2008 gs)