Österreich: Einwanderer - Wo ist das Gesamt-Konzept?
Rund 30 Nicht-Regierungsorganisationen
(NGO) in Österreich haben gemeinsam die Forderung nach einem Gesamtkonzept für die
Integration von Zuwanderern erneuert. Die Vertreter der Organisationen - unter ihnen
mehrere kirchliche - erklärten bei einer gemeinsamen Pressekonferenz in Wien, dass
eine weitgehende rechtliche Gleichstellung, Chancengleichheit und die Förderung und
Bewahrung kultureller Vielfalt zu den Grundpfeilern der Integration zählen. Der
Sozialexperte der Caritas der Erzdiözese Wien, Werner Binnenstein-Bachstein, betonte,
die Zeit der Einzelmaßnahmen sei nun vorbei. Es liege jetzt an Innenminister Günter
Platter, Wort zu halten und bis zum Sommer ein Maßnahmenpaket zur Integration vorzulegen.
Wörtlich sagte er: „Es braucht in Österreich so etwas wie ein Gesamtkonzept.
Das heißt, am Ende der Integrationsdebatte muss es rechtliche Veränderungen
geben: im Fremdenrecht und im Aufenthaltsrecht, aber auch in zentralen Bereichen wie
der Bildung und bei der politischen Partizipation. Damit alle Menschen am öffentlichen
Leben teilhaben können. Es geht uns also um das Gesamtkonzept und nicht um einzelne
Maßnahmen.“ Als zentrale Stelle zur Umsetzung der Konzepte forderte die Caritas
erneut die Einrichtung eines eigenen Staatssekretariats für Integration. Dieses hätte
nach Meinung von Binnenstein-Bachstein den Vorteil, dass die Fragen der Zuständigkeiten,
Kompetenzen und Verantwortlichkeiten in Zukunft eindeutiger geregelt wären. Dem
„Integrationshaus“ in Wien geht es wie auch der Caritas maßgeblich um die Reform des
Fremden- und Bleiberechts. Die derzeitige Vergabe von humanitären Aufenthaltsgenehmigungen
erinnere eher an Gnadenrechte als an ein rechtsstaatliches Verfahren, sagte die Vertreterin
des „Integrationshauses“, Andrea Eraslan-Weninger. Deutliche Worte fand sie auch zur
so genannten Schubhaft für Asylbewerber. „Anstatt Flüchtlingen menschenwürdige
Behandlung und Betreuung anzubieten, werden in Österreich Schutzbedürftige, Minderjährige
ebenso wie Traumatisierte ins Gefängnis gesteckt - nur, weil sie einen Asylantrag
gestellt haben.“ Verschärft werde die Situation der Asylsuchenden noch durch
die lange Dauer des Antragsverfahrens, so Eraslan-Weninger. Sie plädierte deshalb
für einen wirksamen Rechtsschutz, eine Rechtsberatung und eine Öffnung des Arbeitsmarktes
für Asylbewerber. Die Einigkeit der Nicht-Regierungsorganisationen beschwor indes
Alexis Neuberg von der Wiener „Integrationskonferenz“. Nur gemeinsam könne man auf
die politische Agenda einwirken. Auch er machte sich für einen umfangreichen Aktionsplan
stark. „Wir benötigen keinen weiteren Papiere, brauchen einen Aktionsplan, denn
es gibt bestimme Sachen, die erledigt werden müssen: Wir müssen die gesetzten Maßnahmen
evaluieren. Wie kann man beispielsweise evaluieren, dass eine gelungene Integration
in Österreich stattgefunden hat? Wir brauchen mehr Unterstützung für die Opfer rassistisch
motivierter Gewalt. Und wir brauchen Chancengleichheit im Wohnungs- und Bildungssektor.“ Bereits
im Januar hatten Vertreter der katholischen, evangelischen und orthodoxen Kirche sowie
der Israelitischen Kultusgemeinde und der Islamischen Glaubensgemeinschaft Österreich
ein ähnlich umfangreiches Integrationskonzept der Öffentlichkeit vorgestellt. (rv
30.5.2008 on)