2008-05-17 14:23:31

Die Buchbesprechung: Benediktinische Kunst


Auf den ersten Blick: ein prachtvoller Bildband – und doch sehr viel mehr als das. Denn hier werden nicht einfach nur die lauschigsten Kreuzgänge und die romanischsten Kloester hübsch bebildert; dieses Unternehmen ist ungleich ambitionierter. Die Spuren des hl. Benedikt und seines Ordens sollen quer durch die Kunstgeschichte verfolgt werden.

Doch das ist, von nahem besehen, eigentlich ein riskantes Unterfangen, und auch das Vorwort betont das recht offensiv. Auf der einen Seite das Leben eines Heiligen, der alles mögliche war, aber kein Künstler. Und auf der anderen Seite das Zentralmassiv der Kunstgeschichte, aufgebrochen auf benediktinische Schichten hin. Gewisse Zweifel mögen sich noch verstärken, wenn man sich dann in die konkreten Artikel vertieft – alle verfasst von Benediktinern und Experten, häufig beides in Personalunion. Da lehrt uns der erste Aufsatz in erfrischender Offenheit, dass wir eigentlich von Benedikt überhaupt nichts wissen (können); das Buch der “Dialoge”, die einzige Lebensbeschreibung des Heiligen, sei wahrscheinlich fiktiv, und Gregor der Grosse sei wohl auch nicht sein Verfasser. Andere Aufsätze des gleichen Bandes gehen dann aber unmittelbar darauf doch von der Biographie in den “Dialogen” und vom Verfasser Gregor aus – als wäre vorher nichts gewesen. Dafür zersetzt dann der zweite Aufsatz den Eindruck, vor den Benediktinern habe es sowas wie westliches Mönchtum eigentlich noch nicht gegeben, indem er Gegenbeispiele präsentiert. Und die Langobarden, die großen Zerstörer des Montecassino, werden im gleichen Atemzug als mögliche Förderer des Mönchtums rehabilitiert.

Diese Aufsätze sind also nicht nur schmückende Beigabe zu prachtvollen Bildern, sondern stehen auf eigenen Füssen und erlauben einen völlig neuen und überraschenden Blick auf das benediktinische Mönchtum. Und die Bilder – das merkt man beim genaueren Lesen – sind wirklich behutsam ausgewählt, um die Aufsätze zu illustrieren.

Das ist kein schneller, einfacher Fotobildband geworden, sondern eine manchmal sperrige, manchmal atemberaubende, aber immer interessante Einführung in das Wesen der benediktinischen Lebensweise. Ideal nicht nur zum Verschenken, sondern vor allem zum Selberlesen.

Roberto Cassanelli: Benediktinische Kunst
Verlag: Schnell und Steiner
Preis: ca. 89 Euro
Besprochen von: Stefan von Kempis
 







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