2008-05-09 09:06:24

Österreich/Schweiz: Kirche am Ball


RealAudioMP3 Nicht im Abseits stehen will die katholische Kirche während der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz. Sie startet eine Offensive und bietet vor wie während der Euro 08 ein breites kirchliches Rahmenprogramm. Diese Woche gab es dafür sogar den päpstlichen Segen. Das Motto: „Kirche 08 – am Ball seit 2008 Jahren“.
Ein Beitrag zum Lesen und Hören von Birgit Pottler.



Nicht ins Abseits drängen lassen will sich die katholische Kirche während der Fußball-Europameisterschaft 2008 in Österreich und der Schweiz. Sie startet eine Offensive und bietet vor wie während der Euro 08 ein breites kirchliches Rahmenprogramm. Diese Woche gab es sogar den päpstlichen Segen. Das Motto: „Kirche 08 – am Ball seit 2008 Jahren“.

Warum das Engagement? Die Frage geht an Michael Scharf, Pastoralamtsleiter der Erzdiözese Wien, einer von zwei Vertretern der Österreichischen Kirche in der binationalen Arbeitsgruppe.
„Ganz einfach, die Europameisterschaft ist ein gesamtgesellschaftliches Ereignis, als Kirche sind wir Teil der Gesellschaft, deshalb müssen wir bei der Europameisterschaft auch dabei sein. Ich glaube, dass es eine Verantwortung der Kirche ist, bei Großereignissen, zu denen die Menschen aus der ganzen Welt kommen werden, einfach Christus präsent zu halten und den Menschen Christus zu zeigen, Menschen willkommen zu heißen, für sie da zu sein.“
 
Gerade in Österreich sei es für viele ungewöhnlich, dass Kirche sich bei einem so säkularen Ereignis wie der Europameisterschaft engagiere, „aber ich denke, Christus muss überall hingebracht werden, auch bei der Europameisterschaft, das ist unsere Botschaft. Und wir wollten einen Anpfiff zum Glauben geben.
In Wien haben wir ein Friedenszelt, das wir am Platz am Hof betreuen werden, wo wir Menschen einladen, sich hinzusetzen, etwas zu trinken, etwas zu essen, wo wir täglich bis zu 200 Freiwillige haben werden, die zu Gesprächen und zum Austausch bereit sind. Dort werden wir kleine Karton-Fußballspiele verteilen, mit unserem Programm und einer Schiedsrichter-Pfeife und mit unserem Motto ,Wir wollen einen Anpfiff zum Glauben geben’. Fragen auf den Karten laden zur Besinnung und zum Nachdenken ein.“

Stadionatmosphäre gibt es auch. Was sich bei der Weltmeisterschaft 2006 in Deutschland bewährte, soll auch in Österreich zum Anziehungspunkt werden: Public-Viewing auf Plätzen und in Pfarrgemeinden. Österreich – einig Fußballland?
„In den Pfarren ist es durchaus gemischt. Es gibt Pfarren, die ganz, ganz engagiert sind, die jetzt schon Missionen planen, die Evangelisationen planen. Bis hin zu Pfarren, die sich in direkter Konkurrenz mit dem Sportverein sehen, wie die ihre Spiele oft am Sonntagvormittag zeitgleich zum Gottesdienst haben. Und deshalb sagen sie, sie werden die Europameisterschaft nicht nutzen, um Werbung für den Fußball zu machen…
Ich glaube aber, immer wenn wir als Kirche in einer Konkurrenzsituation sind - und das sind wir nicht nur dem Fußball oder dem Sport gegenüber, sondern in vielerlei Hinsicht - , dann ist das für mich ein Ansporn, unser Programm noch einmal besser zu machen, so dass die Menschen nicht auf die Idee kommen, irgendwo anders hinzugehen am Sonntagvormittag. Dass sie sagen, ich muss in den Gottesdienst gehen, weil ich, wenn ich nicht dort bin, für die kommende Woche so viel versäume, dass ich unbedingt dabei sein muss.“
Die Heiligung des Sonntags spielt auch bei der Debatte über die Ladenöffnungszeiten eine Rolle. Die österreichische „Allianz für den Sonntag“ wird sich dafür einsetzen, dass es bei einmaligen Sondererlaubnissen für die Geschäfte bleiben wird. Doch diese gesellschaftlichen Fragen überwiegen nicht beim kirchlichen Rahmenprogramm zur Fußball-Europameisterschaft. Zwar gibt es ein Integrationsfußballturnier und ein Interreligiöses, „aber bei uns in der Diözese ist der Hauptfokus, den Menschen Christus zu zeigen, weil wir, angefangen von der Stadtmission und anderen Veranstaltungen, einfach die Erfahrung gemacht haben, die Menschen warten darauf, dass wir ihnen Christus zeigen. Und gerade die Menschen, die nicht in die Kirche gehen, nicht kirchlich sozialisiert sind, heißen Kirche total willkommen, sind sehr offen für eine wirklich christliche Botschaft.“

Kirche 08 ist ökumenisch. Reformierte, Katholiken und Alt- bzw. Christkatholiken arbeiten in der Schweiz zusammen, in Österreich erstmals überhaupt der Ökumenische Rat der Kirchen und die Evangelische Allianz. Scharf erklärt:
„Die evangelische Allianz ist in Österreich ein Zusammenschluss von Einzelpersonen, die aus Freikirchen, evangelikalen Kirchen, Pfingstkirchen aber auch aus der evangelischen und katholischen Kirche kommen, so dass in unserem Land Ökumene erstmals über den Rat der Kirchen hinausgeht.

Kirche 08 holte sich rund einen Monat vor Beginn des Fußballsommers den päpstlichen Segen. Eigens dafür reisten eine Delegation des Österreichischen Fußballbundes mit dem Präsidenten an der Spitze, der Sportstaatssekretär, der Grazer Weihbischof und rund 30 Journalisten zur Generalaudienz nach Rom. Michael Scharf meint:
„Es hat ja schon beim Papstbesuch eine Begegnung gegeben zwischen dem Österreichischen Fußballbund und dem Heiligen Vater. Das ist sozusagen ein Gegenbesuch, eine Art Wallfahrt, um den Heiligen Vater um seinen Segen für die ganze Veranstaltung zu bitten.“

Die Kirche selbst sei ja außerdem nicht nur Europameister…
„Auf jeden Fall Weltmeister! Weil es die Kirche seit 2000 Jahren gibt und die Kirche das älteste, größte und erfolgreichste Unternehmen ist, das seit der Schaffung der Welt existiert.“


Das erfolgreichste Unternehmen der Welt und deren schönste Nebensache – gibt es Gemeinsamkeiten?
„So wie ich im Fußball nicht egoistisch auf das Tor laufen kann, sondern immer schauen muss, wer spielt rechts, wer spielt links von mir, ist jemand hinter mir in einer besseren Position, um den Angriff leiten zu können, so ähnlich ist es auch in der Kirche. Ich kann nicht alleine Christ sein, ich brauche den Leib Christi. Beim Fußball geht es um Begeisterung und Hingabe, ich muss ganz auf ein Ziel fokussiert sein, ich muss auf dieses Ziel hintrainieren. Ich muss meine Energie in diesem Moment abrufen können, ich muss diese Energie herauslassen können. Das gilt auch für die Kirche. Sie ist neben dem Fußballplatz wahrscheinlich der einzige Ort, wo so viel gelacht und geweint wird. Es ist wie in der Kirche, wo es um Hingabe an Christus geht, wo es um ein eindeutiges Ziel geht.“


Einen Tipp für das Duell der Nachbarn Deutschland-Österreich will der Wiener Pastoralamtsleiter nicht geben. Wie aber ist dann die 3:2 auf Schirmmützen, Taschen und Jacken der kirchlichen Mitarbeiter und ehrenamtlichen Helfer zu verstehen?
„Numbers of hope: 3:2. Es ist einerseits eine Botschaft der Hoffnung für das österreichische Nationalteam, andererseits ein Zitat aus dem Matthäusevangelium, wo es heißt: Kehr um und glaube an das Evangelium. Das ist die eigentliche Botschaft. Kehr um und glaube an das Evangelium, weil Christus die Hoffnung der Welt ist.“


Der Terminhinweis: Die Euro 08 dauert vom 6. bis 29. Juni.




(rv 08.05.2008 bp)







All the contents on this site are copyrighted ©.