Der Brief der 138 Moslemgelehrten an die christlichen Religionsführer öffnet eine
noch nie da gewesene Chance auf Dialog. Das sagt der Islamfachmann P. Christian Troll,
der am Dienstag an der römischen Gregoriana-Universität einen Vortrag über den „Brief
der 138“ hielt. Im Gespräch mit uns zieht der Jesuitenpater eine Zwischenbilanz über
den Stand der Dinge im Dialog zwischen Christen und Moslems. Die Rede von Regensburg
über Glaube und Vernunft, die zunächst so viel Schlechtes loszutreten schien, erwies
sich im Nachhinein als Signal, sagt Troll:
„Was geschehen ist in den letzten
zwei, drei Jahren, ist, dass mit dem Beginn des neuen Pontifikates die Prioritäten,
die dieser Papst sieht, eingebracht worden sind. Und dass man jetzt stärker die Frage
Glaube und Vernunft, Gewalt, Machtpolitik im Namen der Religion, gemeinsam mit hoffentlich
denselben Kriterien für alle anwendend - also auch das gelebte Christentum und die
Kirche anwendend – einbringt und den Dialog weiterführt. Dieser Prozess läuft weiter.“
Pater Troll ist beteiligt sich an der Vorbereitung des katholisch-muslimischen
Treffens, das im kommenden November im Vatikan stattfinden wird und konkretes Ergebnis
des „Briefs der 138“ ist. Als unverzichtbare Basis des Dialogs benennt der Jesuit
den ehrlichen Willen, einander kennen zu lernen. Das schließe die geistige Dimension
des anderen ein, nehme dann aber auch die jeweilige konkrete Realität des anderen
in den Blick.
„So wie bei uns auch. Als Christ schaue ich auch auf das,
was wir ideal sein wollen, und ich sehe dann die Realität, die oft ein bisschen anders
ist.“
Nicht wenige Menschen der westlichen Welt betrachten Moslems mit
Unbehagen, ja Misstrauen. Dabei liegt das wahre Problem, meinen Fachleute wie Pater
Troll, nicht im Glauben, sondern in der Gleichgültigkeit dem Glauben gegenüber. So
muss ein Dialog zwischen Christen und Moslems immer auch die dritte Dimension, die
des Säkularismus, mit-denken.
„Die größte Gefahr kommt nicht von den Muslimen
her aufs Christentum zu, sondern die größte Herausforderung ist an Muslime und Christen,
ob wir wirklich Glaubende an Gott sein wollen, ob wir Menschen sein wollen und können,
die noch beten, kurz gesagt.“