Im Inzest-Fall im
österreichischen Amstetten prüft die Polizei nun, ob der 73-jährige Täter Komplizen
hatte. Maßnahmen zur Vorbeugung gegen Sexualverbrechen seien wichtiger als Strafverschärfungen.
Das sagt der St. Pöltener Diözesanbischof Klaus Küng zum Inzest-Fall in Amstetten.
Der Ort befindet sich in Küngs Diözese. Gudrun Sailer hat ihn gefragt, wie er sich
nach Bekanntgabe des Falles gefühlt habe. „Es ist ein grauenhafter
Inzestfall, man kann es eigentlich gar nicht fassen, dass so etwas vorkommen kann,
auch dass es nicht wahrgenommen wurde, nicht bemerkt wurde. Da habe ich auch meine
Zweifel, ob das wirklich möglich ist, dass so etwas über Jahre hinweg verborgen bleibt.
Gleichzeitig denke ich schon, das ist ein besonders schlimmer Fall, der sich hier
zeigt, aber Missbrauch kommt leider doch ziemlich häufig vor – nicht nur in Österreich.“
Wo
liegen Ihrer Einschätzung nach die Gründe dafür?
„Das hängt, denke ich,
damit zusammen, dass wir in einer allgemeinen Erotisierung stecken. Die Medien, ich
denke besonders an den Einfluss von Internet oder Fernsehen, haben eine Überfülle
von Eindrücken, auch die ganze Werbung geht in diese Richtung. Das sind große Gefahren
auch für geradezu krankhafte Entwicklungen. Ich glaube, dass wir wirklich in diesem
Vorfall einen Alarm sehen müssen, um von neuem bewusst zu machen, wie wichtig es ist,
die Familie zu stützen, sie notwendig es ist, dass die Eheleute vorbereitet und begleitet
werden. Damit die Voraussetzungen geschaffen werden für eine gesunde Entwicklung der
Kinder, aber im Grund genommen von Jung und Alt. Ich glaube auch, dass wir eine wichtige
Aufgabe haben, die Tugend der Keuschheit von neuem zu verkünden und bewusst zu machen,
dass der Mensch in seiner ganzen Persönlichkeitsentwicklung geschädigt sein kann.
Und selbstverständlich kein geistliches Leben, ja keine echte Beziehung möglich ist,
wenn nicht auch in diesem Punkt die Menschen lernen, richtig zu leben. Da denke ich,
dass wirklich Handlungsbedarf besteht.“
Sie sagen, es handelt sich um einen
ganz besonders tragischen Fall. Hätte es eine Möglichkeit geben, sich dagegen zu wappnen,
hätte man diese menschliche Tragödie vermeiden können?
„Ich glaube, dass
man immer nachher, wenn so etwas geschehen ist, alles besser weiß. Ich glaube auch,
dass es immer wieder solche furchtbaren Dinge gegeben hat und gibt, und wir wahrscheinlich
auch nicht vermeiden können, dass so etwas passiert. Wohl in jedem Land gibt es solche
Dinge. Ein Punkt, der mir ganz wichtig scheint, wo wir auch in der Diözese – unabhängig
von diesem Fall - schon seit längerem bemüht sind, ist, dass alle Erwachsenen lernen
müssen, sensibel zu sein für Symptome, die sich manchmal bei Kindern und Jugendlichen
zeigen, die vielleicht darauf hinweisen, das Missbrauch vorliegt und da müssen wir
reagieren bzw. auch die Jugendlichen fähig machen, dass sie über ihre Probleme sprechen,
und wir müssen auch ihnen verfügbar sein, um einzugreifen, wenn es nötig ist.“