2008-05-01 18:24:44

Bosnien: Bischof warnt vor Versagen Europas


RealAudioMP3 Fünfzehn Jahre nach dem Frieden von Dayton sind immer noch über eine Millionen Menschen nicht in ihre Heimat in Bosnien zurückgekehrt. Trotz internationaler Verwaltung ist immer noch kein funktionsfähiger Rechtsstaat aufgebaut, die Schere zwischen Arm und Reich wächst und immer mehr Menschen sehen keine Perspektive mehr in ihrer früheren Heimat. Das ist kein Zustand klagt der Bischof von Banja Luka und Vorsitzender der bosnischen Bischofskonferenz Franjo Komarica. Es gehe nicht an,…
„…den Vertrieben nicht die Rückkehr zu ermöglichen und menschenwürdig zu leben an ihrem Geburtsort. Und gerade dies geschieht mit Hunderttausenden meiner Landsleute hier in Europa. Und das ist nicht nur für diese Menschen, sondern für das Land und für Europa schade; und auch eine Schande für diejenigen, die sich anmaßen, Gott zu sein und über Schicksale von Menschen und Völker zu entscheiden.“
Leider kümmerten sich die Verantwortlichen viel zu wenig um die entrechteten Menschen.
„Mit Bedauern und tiefer Enttäuschung müssen wir heute als unmittelbare Augenzeugen dieses unmenschlichen Vorgehens miterleben, dass die offiziellen Vertreter der internationalen Politik, als auch der einheimischen Politik, die eigentlich nur ausführende Kräfte sind, dass die diese ethnischen Säuberungen nicht richtig erkannt haben und teilweise die Ziele und Absichten der ethnischen Säuberungen teils auch mitunterstützt haben.“
Für den Bischof ist es deswegen unakzeptabel, dass man – wie er sagt – „Kriegsverbrecher unterstützt und belohnt und die Kriegsopfer bestraft“.
„Deswegen erwarte ich auch, dass eine Hilfe gezielt diesen geschundenen und entrechteten Menschen dort zufließt. Mir haben zwar die Leute in Brüssel gesagt: Wir haben viel Geld gegeben, aber keine Soldaten. Das ist eine nicht zufrieden stellende Antwort! Wie konnten sie das Geld geben, wenn sie nicht wussten wem? Warum haben sie das Geld ohne Abrechnung gegeben? Warum haben sie nicht gezielt das Geld an Notleidende gegeben? Und nicht den Kriegsgewinnern und Kriegsverbrechern? Das geht einfach nicht!“
Die meisten Katholiken seines Bistums leben derzeit außerhalb des Landes. Viele von ihnen wollten aber zurückkehren.
„Ich habe momentan eine Liste von 9.000 Familien, die zurückkehren wollen. Es ist da niemand: Kein Staat, kein Politiker, keine Regierung, keine Gemeinde, keine Partei, welche ihnen das Notwendigste ermöglichen will – Häuser zu bauen oder die notwendigen Grundlagen für das Leben.“
Es fehle vor allem der politische Wille, so der Bischof:
„Nach meinen Erfahrungen bis jetzt mit europäischen und amerikanischen Politiker muss ich leider Gottes feststellen, dass immer noch sehr viel Zwietracht und Uneinigkeit, Unehrlichkeit, Unredlichkeit, Unentschlossenheit herrschen unter den europäischen und amerikanischen Politikern. Die bekämpfen sich leider Gottes gegenseitig. Die haben keine gemeinsame Politik, was Südosteuropa und die Balkanländer betrifft. Das haben mir sehr viele gesagt! Und das vermisse ich. Mit anderen Worten: Bosnien ist der Lackmustest für Europa und auch die Konstellation Europa-USA!“
Ein Erfolg in Bosnien könnte auch Vorbildfunktion für andere Konfliktherde haben:
„Denn nirgendwo in Europa ist m.W. auf so einem kleinen Fleck so viel Unterschiedlichkeit. Ethnische Unterschiede, kulturelle, religiöse, zivilisatorische oder wirtschaftliche. Und gerade, wenn dies Bosnien gelingt, dann wird es auch Europa gelingen. Wenn es in Bosnien nicht gelingt, dann sind wir alle mitschuldig; besonders diejenigen, die nichts oder kaum etwas unternommen haben.“
Doch Komarica hat die Hoffnung nicht aufgegeben:
„Ich hoffe wirklich, dass die konstruktiven Kräfte im europäischen Parlament, bzw. in der europäischen Politik, dass die entschlossener wirklich sagen: Bosnien ist unsere Sache. Bosnien liegt in unserem Haus!“ (rv 01.05.2008 mc)

Das Gespräch führte Pater Max Cappabianca OP im April beim Kongress "Treffpunkt Weltkirche" von Kirche in Not in Augsburg.







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