Für die orthodoxen Osterfeiern werden am Wochenende wieder mehrere zehntausend Pilger
in Jerusalem erwartet. Höhepunkt ist die „Liturgie des Heiligen Feuers“ am Samstagmittag,
zu der auch Tausende einheimischer Christen in die Grabeskirche drängen. Nach dem
Volksglauben entzündet sich dort, wo das Grab Jesu verehrt wird, jedes Jahr unter
Gebet auf wundersame Weise ein kühles Feuer, dem heilende Wirkung zugeschrieben wird.
Die israelische Polizei sperrt für die Feier die Grabeskirche großräumig ab und lässt
nur Personen mit Zugangsgenehmigungen passieren. Russland, Griechenland und andere
orthodoxe Staaten entsenden alljährlich hochrangige Regierungsdelegationen zu der
Feier, die das Fernsehen in viele Länder live überträgt. Die Liturgie des Heiligen
Feuers geht bis auf das vierte Jahrhundert zurück, als während der Ostervigil ein
Licht an der Öllampe über dem Grab Jesu entzündet und an die wartenden Gläubigen weitergereicht
wurde. Um das Jahr 1.000 entstanden erste Berichte über eine wundersame Herabkunft
des Heiligen Feuers. Wissenschaftler sehen dies auch in Zusammenhang mit dem Aufkommen
des Islam, gegen den sich das Christentum zu behaupten versuchte. Konfliktpunkt während
der Feier ist seit Jahrhunderten die Stellung der griechisch-orthodoxen und armenischen
Kirchenvertreter, die für sich jeweils eine Hauptrolle beanspruchen. In früheren Jahren
musste auf dem Höhepunkt der Zeremonie mehrfach die Polizei einschreiten, um die Streitenden
in der Grabeskapelle zu trennen. In diesem Jahr kam es bereits beim Auftakt der Karwoche
an Palmsonntag zu Handgreiflichkeiten. Das konfessionelle Regelwerk am heiligsten
Ort der Christenheit, der sogenannte „Status quo“, stammt aus dem Jahr 1852. Er koordiniert
das ausgesprochen komplexe, weltweit einmalige Miteinander von sechs Konfessionen
in einer Kirche. (dr/kna 26.04.2008 bp)