In Paraguay hat Fernando Lugo am Sonntag überraschend eindeutig nach 61 Jahren die
Herrschaft der konservativen „Colorado-Partei“ beendet. Die Gegenkandidatin und frühere
Bildungsministerin Blanca Ovelar konnte nur knapp 31 Prozent auf sich vereinen, 10
Prozent weniger als Lugo. Das Besondere: Fernando Lugo ist früher Bischof gewesen;
er wurde wegen seiner politischen Tätigkeit im vergangenen Jahr von der Ausübung seines
Amtes suspendiert. Zu den Gründen für den Wahlsieg sagt der Lateinamerika-Experte
von Radio Vatikan, Luis Badilla:
„Er hat es geschafft, sich die schlechte
Stimmung in dem Land zunutze zu machen. Die Bürger sind frustriert und fordern seit
langem ihre sozialen und ökonomischen Rechte ein. Er hat das aufgegriffen und m.E.
noch ein Element hinzugefügt, das in diesem Land seit einigen Jahren sehr wichtig
geworden ist: Das Element der Hoffnung! Seine Reden zielten immer auf diese Botschaft:
Schaut, wir können es schaffen! Man muss nur etwas dafür tun! Weniger politische Kämpfe,
weniger Polemik, weniger Hass unter uns, mehr Einheit – denn es gibt ein Gemeinwohl,
das wir voranbringen müssen zum Wohl aller.“
Auch seine
Kritiker bescheinigen Lugo großes soziales Engagement, sagen ihm jedoch auch eine
gewisse Nähe zu linkspopulistischen Strömungen Lateinamerikas nach. Badilla erwartet
hingegen einen eher gemäßigten Kurs: „Ich bin nach der Lektüre seines
Programms und nach allem, was er gesagt hat, davon überzeugt, dass er in Lateinamerika
eher die politische Nähe zur chilenischen Präsidentin Michelle Bachelet suchen wird.
Er wird jede politische „Achse“ mit Morales in Bolivien oder Chavez in Venezuela vermeiden.
Das ist etwas, was viele fürchten.“
Derweil bat der von seinem Amt als
Bischof von San Pedro zurückgetretene Politiker die Kirche um Verständnis. Er hoffe,
dass er weiterhin Teil der Kirche sein könne und nicht exkommuniziert werde. Der Sprecher
der Bischofskonferenz in Paraguay teilte mit, sie katholische Kirche erkenne den Ex-Bischof
als gewählten Präsidenten des Landes an. Die Bischöfe hofften zu einer kirchenrechtlichen
Lösung seines Falls beitragen zu können. Vatikansprecher Pater Federico Lombardi
sieht jedenfalls keinen raschen Handlungsbedarf, nachdem Lugo infolge seiner Entscheidung
zur Kandidatur bereits suspendiert worden sei, betonte der Jesuit im KNA-Gespräch.
Damit könne er keine priesterlichen Aufgaben mehr wahrnehmen. Die zuständigen Vatikanbehörden,
etwa die Bischofskongregation, prüften nun in Ruhe, ob weitere Schritte nötig seien.
Als eine mögliche Maßnahme nach der Suspendierung wäre eventuell die sogenannte Laisierung,
die Rückversetzung in den Laienstand, denkbar. Lugo verteidigte auch in seiner
Zeit als Seelsorger vor allem die Anliegen der Landlosen und Kleinbauern. Paraguay
gilt als das korrupteste Land Südamerikas. Der 58-jährige Lugo versprach ein Ende
der Vetternwirtschaft. Er strebt vor allem eine gerechtere Einkommensverteilung sowie
eine umfassende Justiz- und Agrarreform an. Für 300.000 Landlose will seine Regierung
wirtschaftliche Unabhängigkeit ermöglichen. Daneben müsse Paraguay die Kontrolle über
seine Energieproduktion zurückgewinnen. Das gelte besonders für die Stromlieferungen
nach Brasilien. (rv / kna 22.04.2008 mc)