2008-04-20 16:42:36

Papst betet an „Ground Zero“ - ein Stimmungsbericht von Stefan Kempis


RealAudioMP3 An diesem Sonntag Morgen hört man in Manhattan ständig Polizeisirenen heulen, und über den Hochhäusern knattern Hubschrauber. Es ist ein grauer, nebliger Tag; die Spitze des „Empire State Building“, des seit dem Terror-September 2001 höchsten Hochhauses hier, verschwindet im Dunst. Rund um Ground Zero: Dutzende von kaugummi-kauenden Polizisten, abgesperrte Straßen, viele Fernsehkameras; viele New Yorker auch, die sehen wollen, wie der Papst hier betet. An normalen Wochenenden ist der Ort, wo mal das „World Trade Center“ stand, eine riesige Baugrube; für den heutigen Anlass haben Arbeiter eine riesige Rampe in die Grube hinein gebaut, geschmückt mit US-, New-York- und Vatikan-Fahnen.

In der Grube, siebzig, achtzig Meter unter Straßenniveau, von Scheinwerfern hell angestrahlt: eine für diesen Anlass geschaffene Ebene, wo den Papst einige Lokalpolitiker erwarten, Überlebende des 11. September, Angehörige von Terror-Opfern und Helfer.

Leise Cellomusik erklingt, als das Papamobil langsam die Rampe zum „Bed Rock“ hinunterfährt. Benedikt trägt wegen der Kühle einen Mantel, sein Sekretär und New Yorks Kardinal Egan begleiten ihn; die kugelsicheren Fenster des Papst-Autos sind geschlossen, ein paar Sicherheitsleute begleiten es zu Fuß. Der Papst geht zielstrebig zu einer weißen Kniebank, die in der Mitte steht, und betet still; derweil hat auch die Musik ausgesetzt, man hört nur das Klicken der Foto-Blitzlichter. Dann entzündet er, während immer noch Stille herrscht, eine Kerze und schützt dabei die Flamme mit der Hand, damit sie nicht ausgeht, denn es ist windig hier unten. Und schließlich betet er laut ein vorbereitetes Gebet, Kernsatz: „Herr, bring deinen Frieden in unsere Welt der Gewalt.“

Benedikt besprengt den Ground Zero mit Weihwasser, dann erteilt er seinen Segen. Einer nach dem anderen treten die etwa dreißig Menschen, die hier unten auf ihn gewartet haben, zu ihm, Menschen, die in irgendeiner Weise vom Terror des 11. September betroffen waren; Kardinal Egan stellt sie vor, und sie geben dem Papst die Hand – viele küssen auch seinen Ring – und reden kurz mit ihm. Unter ihnen ist auch die Schwester des Franziskanerpaters, der beim Einsturz des Nordturms starb, als er gerade Verletzten zur Hilfe eilte. Um zehn Uhr Ortszeit läuten kurz die Glocken von der alten St-Pauls-Chapel herüber. Noch ein Händedruck mit den anwesenden Politikern, dann schlägt Benedikt XVI. ein Kreuzzeichen, verbeugt sich grüßend und besteigt wieder das Papamobil. Sein Besuch an Ground Zero hat keine dreißig Minuten gedauert. Eine nüchterne, ernste Zeremonie. Seine Kerze ist gleich wieder ausgegangen; eine Frau von der Sicherheit zündet sie mit ihrem Feuerzeug wieder an. Einige der Menschen, die gerade am Ground Zero dem Papst begegnet sind, knien sich jetzt auch auf Benedikts Kniebank und beten einen Moment…

(rv 20.04.2008 sk)








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