Die US-Zeitungen berichten
generell ausführlich und mit positivem Unterton von der Papstreise. Die Worte Benedikts
zu den Missbrauchs-Skandalen in der US-Kirche und seine Begegnung mit einigen Opfern
haben viele Emotionen aufgerührt; „USA today“ bringt das auf der Titelseite auf die
Formel „Jubel unter Tränen“. Der Artikel im Innenteil führt allerdings aus, dass einige
Opferverbände das Papst-Treffen mit Missbrauchs-Opfern auch als „Schlag ins Gesicht“
werten. Die Titelseite von „USA today“ rührt noch an andere, tiefliegende Gefühle:
„Wo war Gott am 11. September“, also bei den Terroranschlägen des Jahres 2001, fragt
eine ausführliche Reportage. Das Gebet Benedikts XVI. an „Ground Zero“ nächsten Sonntag
könne „für die, die vom 11. September tief getroffen wurden, zu einem Wendepunkt im
Glauben werden“, so die Überschrift des Artikels.
Die „New York Times“ meint
auf Seite eins zur Papst-Begegnung mit Missbrauchten: „Das Treffen machte klar, dass
von den vielen Botschaften, die Papst Benedikt XVI. hierhin in die USA bringen wollte,
die zu den Missbrauchsfällen zentral ist.“ Das Blatt betont auch die positiven Reaktionen
von Opferverbänden. Zur Papst-Rede an der Katholischen Universität von Washington
bringt die „New York Times“ den erstaunten Kommentar eines Professors: „Er hat ja
gar keine Rügen erteilt.“
„Pope of Hope“, Papst der Hoffnung – das ist die
Schlagzeile der „Daily News“, die auch diesmal wieder ein ganzseitiges Papstfoto auf
dem Titelblatt zeigt. Im Innenteil analysiert sie die Lage der katholischen Kirche
in New York und sieht ein „erstaunlich gemischtes Bild“: Auf der einen Seite Pfarrei-Schließungen
und Priestermangel, auf der anderen Seite eine „spürbare Erneuerung“. Pfarreien –
so zitiert die Zeitung einen engagierten Katholiken – seien doch „keine Filialen einer
Fast-Food-Kette, die man so einfach öffnen oder wieder schließen kann“. Ansonsten:
Bunte Berichte zur Messe Benedikts am Donnerstag in Washington, im Stil „Papst küsst
das Baby eines bekannten Baseball-Spielers“.
Die Titelseite der „New York Post“
muss sich der Papst mit einem New Yorker Obdachlosen teilen. Dieser Obdachlose hat
in einem Papierkorb in der Nähe von „Ground Zero“ detaillierte Baupläne des „Freedom
Tower“ gefunden, der sich hier einmal erheben soll. Pläne, so das Blatt, „die es einem
Terroristen leicht machen würden, einen Anschlag auf den Turm zu planen“. Das gleiche
11.-September-Trauma wird fühlbar, wenn die Zeitung im Innenteil Fotos eines Taxis
zeigt, das am Donnerstag vor der St.-Patricks-Kathedrale in Flammen aufging. Der danebenstehende
Artikel spricht von Angst vor einem Attentat in den nächsten Tagen. Eine ähnliche
Nervosität zeigt sich auch in vielen Fernsehberichten am Freitag Morgen über die ungewöhnlich
scharfen Sicherheitsmaßnahmen in New York. Zurück zur „New York Post“, zu einem Kommentar
im Innenteil: „Trotz Differenzen mit Washington über außenpolitische Themen sieht
Benedikt die amerikanische Gesellschaft mit ihrer Verklammerung von Glauben und Vernunft
doch als starke Antwort auf einen religiösen Extremismus, der im Namen Gottes tötet.“
Nachsatz: „Mal sehen, ob er das auch vor der UNO anspricht.“