Der neue Botschafter
Israels beim Heiligen Stuhl, Mordechay Lewy, sieht die Situation der Christen im Heiligen
Land bedeutend positiver als viele andere Kommentatoren. Im Gespräch mit dem Kölner
domradio sagte der 59-jährige Diplomat, er habe zwar volles Verständnis für die Abwanderung,
„aber ich muss sagen, dass die Ab- und -Zuwanderung ins Heilige Land ja
nichts Neues Ist. Im 19. Jahrhundert gab es große Auswanderungsströme aus Jerusalem
und Bethlehem Richtung Amerika, besonders nach Südamerika. Und die haben nichts mit
Politik, sondern mit Wirtschaft zu tun. So sehe ich auch heute die Ab- und Zuwanderung
mehr unter wirtschaftlichem Vorzeichen."
In gewisser Weise hätten die Kirchen
selbst in früherer Zeit die Basis für die heutige Abwanderung geschaffen.
„„Ich
glaube, dass die Kirchen hier die Opfer ihres eigenen Erfolges sind. Im 19. Jahrhundert
sind hier viele Sozialinstitutionen im Schulwesen gerade von den kirchlichen Seiten
sehr gefördert worden. Sie haben hier einen christlichen Mittelstand gefördert. Und
was den Mittelstand besonders kennzeichnet, ist Beweglichkeit, Mobilität. Das heißt,
sie haben nicht die Arbeitschancen gemäß ihrer beruflichen Ausbildung. Und dass sie
gut ausgebildet sind, ist den kirchlichen Investments im Schul- und dem Sozialwesen
im 19. Jahrhundert zu verdanken, auch wenn es heute nur geringere Zahlen an christlichen
Studenten oder Schüler gibt, denn zu 95 Prozent sind heute das Moslems. Wir haben
also hier einen Mittelstand, der überqualifiziert ist und daher seine Chancen anderswo
sucht – ich sehe da keinen politischen Hintergrund.“
Der neue israelische
Botschafter am Heiligen Stuhl reist am Donnerstag nach Rom. Domradio interviewte ihn
in Jerusalem. (domradio, 14.04.2008 gs)