Der Bundestag hat
die von der katholischen Kirche scharf kritisierte Änderung des Stammzellengesetzes
beschlossen. Künftig darf in Deutschland mit embryonalen Stammzellen geforscht werden,
die vor dem 1. Mai 2007 im Ausland gewonnen wurden. Bislang galt der Stichtag 1. Januar
2002. 59 Prozent der Abgeordneten stimmten am Freitagvormittag in Berlin für eine
„einmalige Stichtagsverschiebung“. Katholische Bischöfe und das Zentralkomitee der
deutschen Katholiken zeigten sich enttäuscht über diese Entscheidung. Der CDU-Europaabgeordnete
und Vorsitzende der Arbeitsgruppe Bioethik der christdemokratisch-konservativen EVP-Fraktion,
Peter Liese, war von vornherein skeptisch.
„Dieses Resultat war leider zu
befürchten. Trotzdem ist es eine falsche Entscheidung. Ich hoffe, dass diejenigen,
die von einer einmaligen Verschiebung sprechen, dies in zwei Jahren nicht vergessen
werden. Die Hoffnung ist allerdings nicht so groß, dass es dabei bleiben wird.“
Der
Vorsitzende der deutschen Bischofskonferenz, Erzbischof Robert Zollitsch, hatte im
Vorfeld der Abstimmung gegen eine Aufweichung des Embryonenschutzgesetzes votiert.
Bereits die erste Einführung eines Stichtags bezeichnete er als „Sündenfall“.
Die
ethischen Positionen der katholischen Kirche blieben keineswegs ungehört, betont Liese,
selbst Mitglied im Zentralkomitee der deutschen Katholiken.
„Was der Bundestag
heute gemacht hat, ist eine Entscheidung gegen die Mehrheit der Bevölkerung. Das kann
man machen, wenn die einzelnen Abgeordneten zu einem anderen Schluss kommen als ihre
Wähler. Aber das muss man dann auch sehr gut begründen können. Ich glaube aber, dass
das viele Verantwortliche auch gespürt haben, und zwar dass sie eigentlich keine Unterstützung
für diese Entscheidung hatten. Deswegen würde ich nicht sagen, dass katholische oder
kirchliche Positionen keine Relevanz mehr haben. Wir müssen sie vielmehr jeden Tag
neu in die politische Debatte einbringen.“
Die Kirche werde bei dieser
Position bleiben und sich weiterhin für die Forschung mit adulten Stammzellen einsetzen,
so der Mainzer Kardinal und langjährige Bischofskonferenz-Vorsitzende Karl Lehmann
schon am Donnerstag. Hier müsse der Schwerpunkt liegen, meint CDU-Europaabgeordnete
Peter Liese.
„Was ich besonders wichtig finde, ist, dass wir nun nicht als
Bremser der Forschung auftreten, sondern dass wir ganz bewusst die Alternativen unterstützen.
Das ist zum Beispiel in kirchlichen Krankenhäusern möglich, die die Therapie der adulten
Stammzellen vorantreiben. Wir müssen uns alle gemeinsam – also katholische Laien und
die Amtskirche –für diese positiven Möglichkeiten einsetzen. Dies müssen wir nicht
nur mit Worten sondern auch mit praktischen Taten tun.“
Der Bundestag hatte
am Freitag in zweiter Debatte insgesamt vier Gesetzentwürfe beraten. Zur Abstimmung
standen ein völliger Verzicht auf die Stichtagsregelung, eine einmalige Aktualisierung,
die Bewahrung der bisherigen Rechtslage oder ein völliges Verbot der Forschung mit
menschlichen embryonalen Stammzellen. (pm/rv 11.04.2008 bp/mg)