Immer mehr Christen
sehen keine Zukunft mehr im Irak und wollen das Land verlassen. Die Ermordung des
chaldäischen Erzbischofs von Mossul, Paulos Faradj Rahho, und zuletzt die Erschießung
des syrisch-orthodoxen Geistlichen Youssed Adel am Samstag in Bagdad haben diese negative
Zukunftsperspektive noch verschärft, beklagt der lateinische Erzbischof von Bagdad,
Jean-Benjamin Sleiman im Gespräch mit Radio Vatikan. Eine Evakuierung der Christen
lehnt Sleiman allerdings ab:
„Mit Sicherheit ist es nicht förderlich, die
Emigration der Christen aus dem Land zu fördern. Das beste wäre, dem Irak zu helfen,
den Frieden wiederzufinden und wieder zu einem Rechtsstaat zu werden. Denn wenn es
hier keine Rechtsstaat gibt, werden alle bedroht, und ganz besonders die Minderheiten.“
Immer wieder hatte sich auch Papst Benedikt XVI. zugunsten der irakischen
Christen zu Wort gemeldet, zuletzt am Sonntag aus Anlass der Beerdigung des ermordeten
syrischen Geistlichen. Dazu der Erzbischof:
„Mich macht traurig, dass keiner
auf den Papst hört. Es gibt Menschen, die mit allen Mitteln versuchen, die Stimme
des Papstes zu verschweigen oder zu banalisieren. Sie lehnen diese Stimme der Weisheit
und der Liebe ab, die sich an alle richtet, nicht nur an die Christen.“
Wie
noch christliche Werte leben in einem solchen Kontext? Sleiman antwortet auf diese
Frage so:
„Wir können das nicht. Aber es ist der Herr in uns, dem dies gelingt.
Ohne die Gnade könnten wir nichts tun. Im Irak ist die Situation sehr gefährlich:
Es gibt viel Gewalt, und diese Gewalt, unter der die Christen zu leiden haben, wird
wirklich zu einem Gebet, zu einer Fürsprache.“
Der Präsident
von Pax Christi Frankreich, Bischof Marc Stenger, forderte derweil eine internationale
Untersuchungskommission zur Aufklärung der Morde an Christen. Es sei an der Zeit,
ein solche Kommission zu gründen, die die Hintermänner und Auftraggeber für die Morde
ausfindig macht, um die verbliebenen Christen effektiver zu schützen. Im Vatikan
wird am kommenden Freitag an den ermordeten Erzbischof Rahho erinnert. Der Präfekt
der Vatikan-Kongregation für die Ostkirchen, Kardinal Leonardo Sandri, wird im Petersdom
eine Messe zum Monatsgedächtnis Rahhos feiern. Dabei soll nach Vatikan-Angaben „für
alle Opfer des Irak-Kriegs“ gebetet werden – und für die Christen in Irak und im Heiligen
Land, die „ihren Glauben unter Extrembedingungen leben“.