Die Präsidentin des Zentralrats der Juden in Deutschland, Charlotte Knobloch, hat
die vom Papst neu formulierte Karfreitagsfürbitte für die Juden abermals scharf kritisiert.
Sie gehe davon aus, dass es keinen weiteren Dialog mit dem Vatikan geben kann, solange
dieser an der Fürbitte in der Liturgie nach „altem Usus“ festhält. „Implizit ist in
der Karfreitagsfürbitte ein subtiler Aufruf zur Missionierung der Juden enthalten,
den ich als arroganten Affront auffassen muss und der einen klaren Rückschritt im
christlich-jüdischen Dialog bedeutet“, zitierte die israelische Zeitung „Jerusalem
Post“ Knobloch am Montag. Für den jüdischen Erziehungswissenschaftler Micha Brumlik
aus Frankfurt bedeutet der Text der neuen Karfreitagsfürbitte laut „Jerusalem Post“
keine neue Welle des Antisemitismus. Er festige aber „Haltungen traditioneller Katholiken,
wonach Juden weniger befähigt seien und finstere Herzen hätten“.
Kardinal
Karl Lehmann nennt derweil die Vorwürfe gegen die Karfreitagsfürbitte „schlechthin
unbegründet“. Er könne „beim besten Willen keinen Aufruf auch nur zu einer indirekten
Judenmission entdecken“, schreibt der Mainzer Bischof in seiner Bistumszeitung. Von
der Wertschätzung des Judentums werde durch den Text kein Jota zurückgenommen. Lehmann
findet es erschreckend, wie rasch und offensichtlich uninformiert Kritiker über den
Text hergefallen seien. Bei ruhiger und nüchterner Überlegung hätten manche Worte
nicht fallen dürfen. Damit meine er allerdings nicht nur jüdische Kritiker, sondern
auch „überhitzte Stellungnahmen von katholischer und evangelischer Seite“.