Dass der Papst in der Osternacht einen früheren Moslem getauft hat, führt zu Reaktionen
in der islamischen Welt. Benedikt XVI. hatte im Petersdom den italienischen Journalisten
Magdi Allam getauft; der Vize-Direktor der Tageszeitung „Corriere della Sera“, dessen
Familie aus Ägypten stammt, ist schon seit längerem ein offener Kritiker von islamischem
Fundamentalismus.
„Al Quds al-arabi“, eine extreme arabische Tageszeitung,
die in London verlegt wird, nimmt das Ereignis auf die Seite eins. Ihre Schlagzeile
lautet: „Der Papst ruft bei Moslems Befremden hervor, weil er einen Ex-Moslem tauft,
der Israel stützt und für seine Aversion gegen den Islam bekannt ist.“ Die in Kairo
erscheinende „Al- Masri el-jaum“ behauptet, Allam sei für den italienischen Geheimdienst
tätig und beleidige die Araber und Moslems immer wieder. Der Fernsehsender „al-Arabiya“
nennt Magdi Allam „einen der umstrittensten Journalisten Italiens“, während auf der
Internetseite der Tageszeitung „El Shark El-Ausat“ die Formulierung steht, das Wasser,
das Papst Benedikt auf Allams Kopf gegossen habe, sei „wie Benzin auf das Feuer des
Zusammenstoßes der Zivilisationen“.
Nun sind allerdings empörte Kommentare
in der arabischen Presse nicht immer zum Nennwert zu nehmen: Ressentiments, die durch
jahrhundertelange Demütigungen genährt werden, machen sich traditionell in scharfen
Worten Luft. Mit dem Sturm nach der Regensburger Rede des Papstes sind diese Kommentare
überhaupt nicht zu vergleichen. Hinzu kommt, dass Allam sich tatsächlich oft mit eigenwilligen
Meinungen exponiert hat; so gehörte er vor fünf Jahren zu den eifrigsten Befürwortern
des Irak-Kriegs. Seinen Übertritt zum Christentum schildert der Journalist als persönliche
Angelegenheit, als „langen inneren Weg“. Die Reaktionen in der islamischen Gemeinschaft
Italiens sind denn auch verhalten: „Eine freie Wahl, die wir respektieren“, sagt der
bekannte Moslem-Vertreter Mario Scialoja.
Derweil hat der vatikanische „Dialog-Minister“
Kardinal Jean-Louis Tauran die Taufe Allams während der Osternacht verteidigt. „Die
Gewissensfreiheit ist ein Grundrecht“, sagte der Präsident des Päpstlichen Dialogrates
einer Tageszeitung. Zudem mache der Papst bei der Auswahl der Täuflinge während des
Ostergottesdienstes keinen Unterschied.