2008-03-17 16:58:03

China: Massaker in Tibet befürchtet


RealAudioMP3 Menschenrechtler und die tibetische Exilregierung befürchten ein „Massaker unvorstellbaren Ausmaßes“. Bei den seit dem 10. März andauernden Protesten in Tibet sollen bereits 300 Menschen umgekommen sein, berichtet die Internationale Gesellschaft für Menschenrechte (IGFM). Die chinesischen Behörden haben den Protestierenden ein Ultimatum gestellt, sich bis Montag Mitternacht freiwillig zu stellen. Währenddessen hatten sie bereits am gestrigen Sonntag mit Razzien in Lhasa begonnen. Lhasa wurde von der chinesischen Polizei mittlerweile abgeriegelt, Telefon- und Internetverbindungen unterbrochen.
Adelheid Dönges, Tibetreferentin der IGFM und seit 1992 Mitglied der Tibet-Unterstützungsgruppe, sitzt in München, hat aber noch Kontakt nach China:
 
„Die Situation ist absolut katastrophal. Es wird ein massives Massaker an Tibetern befürchtet. Am Sonntag wurden alle ausländischen Berichterstatter und Medienvertreter vernommen, das von ihnen aufgenommene Beweismaterial wie Bilder und Videos wurde konfisziert oder zerstört. Alle Touristen werden ausgewiesen. Das heißt ab heute gibt es keine ausländischen Zeugen in Tibet mehr. Damit können die Chinesen Tibeter umbringen oder massakrieren, wie es ihnen passt.“

Eine Ausgangssperre sowie zahlreiche Kontrollpunkte an den Zufahrtswegen zur Stadt und das weitere Aufstocken der chinesischen Truppen sollen das Aufkommen neuer Proteste verhindern.
Während des Telefonats mit Adelheid Dönges veröffentlichte das Kashag, das Kabinett der Tibetischen Exilregierung eine weitere Erklärung. Sie übersetzte direkt:
 
„Seit dem 10. März kamen zu stets an Zahl und Intensität wachsenden Demonstrationen in diversen Teilen Tibets, die mit extremer Brutalität niedergeschlagen wurden. ... Die Tibetische Regierung-im-Exil appelliert dringend an die internationale Gemeinschaft, darunter die Vereinten Nationen, Regierungen weltweit, Parlamente, Menschenrechts- und Tibet-Unterstützergruppen, die chinesische Führung aufzufordern, sofort die Repression einzustellen, und alle jene, die festgenommen wurden, freizulassen und den Verletzten die notwendige medizinische Versorgung zukommen zu lassen. Wir drängen insbesondere den Menschenrechtsrat der Vereinten Nationen, unverzüglich eine Ermittlungskommission in alle betroffenen Gebiete Tibets zu entsenden, um eine weitere Verschlimmerung der Lage zu verhindern.“

Das kompromisslose Vorgehen der chinesischen Polizei ähnelt laut IGFM fatal der Situation in Lhasa 1989, als wegen der Proteste der Unabhängigkeitsbewegung das Kriegsrecht verhängt worden war. Unter den 300 Toten befänden sich hauptsächlich Mönche aus den Klöstern Sera und Drepung. Man hörte ununterbrochen Schüsse in der Nähe der Klöster, berichteten Exiltibeter. Adelheid Dönges:
„Die Chinesen versuchen die Berichterstattung völlig zu verfälschen. Der Protest ging von friedlich protestierenden Mönchen aus. Sicherheitskräfte haben auf sie geschossen, was die Tibeter natürlich aufbrachte, schließlich wurde mit Steinen geworfen. Die chinesische Berichterstattung stellt die Tibeter als gewalttätig hin. Dass sie selbst Menschen umgebracht und erschossen haben, wird ausgeblendet. Es gab sogar Stimmen, dass Polizisten sich als Mönche verkleidet und die Menge zusätzlich aufgehetzt haben.“

Die Menschenrechtsorganisation kritisierte die Vertuschungspolitik Chinas, Gespräche und Diplomatie hätten bislang nicht gefruchtet.
Dönges: „Das einzige was nützen würde, wäre massiver Druck. Wenn alle Sportler die Olympiade boykottieren würden – das würde China treffen.“
Das Internationale Olympische Komitee solle nach einem alternativen Austragungsort der Spiele suchen. Das religiöse Oberhaupt der Tibeter, der Dalai Lama selbst, hatte sich am Wochenende jedoch für die Spiele ausgetragen, allerdings mit einen „guten Gastgeber“. Ein Boykott der Olympischen Spiele in Peking wäre nach Auffassung des vatikanischen Asien-Experten Bernardo Cervellera die falsche Antwort auf die Gewalt in Tibet. Der Verzicht auf die Teilnahme könne eine Form sein, die Hände in Unschuld zu waschen, warnte der Chef des Pressedienstes Asianews. Auch der deutsche katholische Sportpfarrer Hans-Gerd Schütt ist gegen einen Boykott Spiele in Peking. Das Internationale Olympische Komitee (IOC) müsse aber angesichts der Tibet-Krise die „offene Wunde“ der Menschenrechtsverletzungen klar und deutlich kritisieren.
(rv/pm 17.03.2008 bp)







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