2008-03-15 14:18:43

Irak: Erzbischof beerdigt


RealAudioMP3 Mehrere Tausend Menschen haben am Freitag an der Beisetzung des chaldäischen Erzbischofs von Mossul teilgenommen. Paulos Faraj Rahho war am 29. Februar entführt, sein Leichnam am Donnerstag in der Nähe der nordirakischen Stadt tot aufgefunden worden. In seinem letzten Interview - das er der italienischen Wochenzeitung „Tempi“ gewährte - hatte Erzbischof Rahho die Christenverfolgung im Irak verurteilt. Die Islamisten hätten keine andere Absicht, als das Eigentum der Christen an sich zu reißen und die Christen dann aus dem Land zu vertreiben. Vorbild dieses Vorgangs seien die Ereignisse in der Türkei in der Endphase des Osmanischen Reiches von 1914 bis 1923 (die chaldäischen Katholiken hatten dort zu den Hauptleidtragenden des Ausrottungsfeldzuges der „Ittihadisten“, des „Komitees für Einheit und Fortschritt“, und dann auch der Unterdrückungsmaßnahmen der Kemalisten gezählt).

Der Patriarch der Chaldäer, Immanuel III. Delly, leitete die Beisetzungsfeierlichkeiten für Rahho in Karamles. In dem Dorf waren bereits der Fahrer und die Leibwächter Rahhos beigesetzt worden, die bei der Entführung ums Leben kamen. Schwester Iva von den Töchtern der Unbefleckten Empfängnis berichtet:
„Es waren unglaublich viele Menschen da: Christen, Moslems, der Patriarch, der Nuntius, viele Priester. Wir Christen verlieren nicht den Glauben, im Gegenteil: Das gibt uns Kraft. Wir sind Teil der Geschichte und der Wurzeln dieses Landes. Wir haben keine Angst, sondern den Glauben und Mut. Die Menschen beten trotz allem.“

Erzbischof Faraj Rahho hatte vor seinem Tod den Irak-Krieg scharf kritisiert. Das Eingreifen der Amerikaner und ihrer Verbündeten habe zur „Flucht der Intellektuellen" aus dem Irak geführt, von denen rund ein Drittel Christen gewesen seien. Unter einem „obskurantistischen islamischen Regime" werde der Irak in „Armut und Ohnmacht“ verfallen „und die USA und ihre Freunde meinen, das Land dann umso leichter beherrschen zu können“, so Rahho im Interview mit der italienischen Wochenzeitung. In einer Erklärung vom Freitag verurteilte das US-Kommando in Bagdad Entführung und Tod des Erzbischofs und beschuldigte el-Quaida. Es handle sich um einen der barbarischsten Akte, Unfrieden im Land zu schüren.
Die irakische Ordensfrau:
„Er hat den Irak geliebt. Er sagte stets: ,Der Irak gehört allen. Wir wollen dieses Land aufbauen.’ Er war ein Freund aller, nicht nur der Christen, hatte gute Beziehungen auch zu den Muslimen und tat allen Gutes. Er war ein Mensch, den alle mochten, auch die Muslime. Er selbst machte keinen Unterschied.“

Am Tod des Erzbischofs - über dessen Ursachen weiterhin Unklarheit herrscht - könnte sich jetzt die Zukunft der Christen im Land entscheiden, vermuten Menschenrechtler. Sie erlebten sozusagen den vorerst traurigen Höhepunkt der „größten humanitären Katastrophe seit fünfzig Jahren."
Die Gesellschaft für bedrohte Völker bezeichnet die Vertreibung der Christen aus dem Irak als „gegenwärtig größte Christenverfolgung weltweit". Vor allem durch Morde und Entführungen sowie gezielte Terroranschläge islamistischer Fanatiker auf Kirchen, Klöster, christliche Schulen und Pfarrhäuser ist nach Schätzungen der Menschenrechtsorganisation bereits ein großer Teil der Christen aus dem Irak vertrieben worden. Vor 20 Jahren gab es im Irak noch etwa 1,4 Millionen Christen. Heute sind es weniger als 600.000.
(rv/afp/kap/pm 15.03.2008 bp)








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