2008-03-13 14:13:44

Österreich: Demokratie quo vadis?


RealAudioMP3 An diesem Donnerstag vor 70 Jahren sind deutsche Truppen in Österreich, dem Geburtsland von Adolf Hitler, einmarschiert. Die österreichischen Bischöfe verabschiedeten daher bei ihrer letzten Vollversammlung ein Dokument, in dem sie sich kritisch mit der Rolle der Kirche in jenen dunklen Jahren der Geschichte auseinandersetzen. Dass es bei der Auseinandersetzung aber nicht nur um Vergangenheit geht, sondern auch um die Gegenwart, zeigen einige alarmierende Entwicklungen in der Österreichischen Politik. Jüngstes Beispiel: Das Urteil des Obersten Gerichtshofs, die Geburt eines behinderten Kindes als Schadensfall zu bezeichnen.
Nur ein Beispiel für beunruhigende Tendenzen in der Gesellschaft, sagt der lutherische Bischof Michael Bünker. Er äußerte sich am Mittwoch bei einem Symposion zum Thema „Europas Weg von der Diktatur zur Demokratie“ in Wien.

„Die Verfassung Österreichs ist für alle Bürgerinnen und Bürger ein hoher Wert. Der Umgang mit dieser Verfassung lässt zu wünschen übrig. Es kann und darf nicht sein, dass Erkenntnisse des Verfassungsgerichtshofes ignoriert werden. Es kann auch nicht sein, dass politische Mehrheiten statt ihre Haltung im Sinn der Verfassung zu ändern im Anlassfall lieber die Verfassung ändern.“

Demokratie sei auch heute keine Selbstverständlichkeit, so der Bischof.

„Es braucht das wache und wachsame Engagement aller Bürgerinnen und Bürger. Wohl sind wir stolz auf unsere repräsentative Demokratie und ich glaube zu Recht. Doch so manches Mal gewinnt man den Eindruck, dass die politischen Parteien nicht mehr alleine diese Vertretungsaufgabe im Blick haben, sondern ihre eigenen Interessen vor die Interessen des Staatsganzen stellen.“

Es bedürfe eines grundlegenden Wandels der politischen Kultur in Österreich, so Bunker:

„Wenn Kommentatoren der österreichischen Politik wie in den letzten Wochen geschehen immer wieder davon ausgehen, dass Postenschacher, parteipolitisch motivierte Einflussnahme auf verfassungsgemäße Institutionen oder finanzielle Vorteilnahme irgendwie zum österreichischen Lokalkolorit dazu gehören, dann müssen denk eich alle demokratiepolitischen Alarmglocken anschlagen.“

Derweil gedachten Tausende Menschen in einer „Nacht des Schweigens“ auf dem Wiener Heldenplatz der Opfer des NS-Regimes in Österreich. Die Aktion zum 70. Jahres des „Anschlusses“ war gemeinsam von der Katholischen Jugend und der Aktion „A Letter to the Stars“ initiiert worden. 80.000 Kerzen wurden im Gedenken an die Ermordeten entzündet. Wie die Katholische Jugend am Donnerstag berichtete, seien bis in die Morgenstunden Menschen durch dieses Kerzenmeer gegangen. Laut Schätzung der Polizei waren insgesamt an die 20.000 Personen auf den Heldenplatz gekommen.

(rv/kap 13.03.2008 mc)









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