Österreich: „Orden leisteten Widerstand gegen Nazis“
Gerade die Orden haben
vielfach Widerstand gegen den Nationalsozialismus geleistet. Das wurde bei einer Tagung
unter dem Titel „März 1938 und die Folgen für Kirche und Klöster in Österreich“ im
Zisterzienserstift Heiligenkreuz deutlich. Bei der Tagung wurden insbesondere die
Aufhebung zahlreicher österreichischer Klöster durch das NS-Regime und der vereinzelt
aufflackernde Widerstand in den Konventen beleuchtet. Der emeritierte Grazer Kirchenhistoriker
Maximilian Liebmann erinnerte daran, dass bei der Bewertung des Verhältnisses zwischen
Kirche und Nationalsozialismus in Österreich oft nur an zwei Punkte gedacht werde:
nämlich an den Besuch von Kardinal Theodor Innitzer am 15. März 1938 bei Hitler in
Wien und an einen mit „Heil Hitler“ unterschriebenen Brief des Erzbischofs vom gleichen
Monat. Es entstehe der Eindruck, dass die Bischöfe in dieser Zeit „hilflos, unkritisch
und sicherlich ungewollt zu Handlangern des Naziregimes wurden“, so Liebmann. Die
Bischöfe hätten offensichtlich gehofft, durch die Zusicherung Hitlers, die Kirche
werde ihre „Loyalität“ nicht bereuen müssen, einen „Kulturkampf“ und damit eine Gefährdung
der Kirche in Österreich zu vermeiden. Als es dennoch ab Herbst 1938 zu Klosteraufhebungen
kam, klagten die Bischöfe - vergebens - bei den Machthabern die Zusage Hitlers ein. Zu
einem „Exerzierfeld des Kulturkampfes“ wurde laut Liebmann die Steiermark. Dort kam
es zu den meisten Klosteraufhebungen und Vertreibungen von Ordensleuten. Zu den prominentesten
„Opfern“ zählte hier das Benediktinerstift St. Lambrecht, das bereits am 17. März
1938 wiederholt von mehr als 100 SA- und SS-Männern überfallen wurde. Eine Beschwerde
des Stiftes führte zu einer Anzeige wegen „Verleumdung“ der SA und SS und zur Inhaftierung
zweier Patres. Es folgte laut Liebmann eine von den Nazis initiierte „Diffamierungskampagne“
gegen das Kloster. Ähnliches widerfuhr dem Stift Admont, dem Stift Seckau sowie dem
Zisterzienserstift Rein. Laut Liebmann gab es in Österreich „kaum eine Ordensgemeinschaft,
die von den Repressalien der Gestapo verschont blieb“. Insgesamt wurden 26 große Stifte
und Klöster aufgehoben; 188 weitere kleine Klöster und Klosterfilialen und rund 1.400
katholische Bildungsstätten, Heime und Schulen fielen dem NS-Wahn zum Opfer. Der Grazer
Kirchenhistoriker verwies darauf, dass 724 Priester inhaftiert wurden, sieben von
ihnen fanden im Gefängnis den Tod. 15 Priester wurden von den NS-Schergen zum Tod
verurteilt und hingerichtet, mehr als 300 Priester wurden des Landes verwiesen, 1.500
Geistliche wurden mit Predigt- und Unterrichtsverbot belegt. Am schlimmsten war die
Lage in der Apostolischen Administratur Innsbruck. Die Wiener Diözesanarchivarin
Annemarie Fenzl betonte die Bedeutsamkeit der exakten historischen Beschäftigung mit
der Zeit des Nationalsozialismus. Dabei müsse stets bedacht werden, dass das Verhältnis
von Kirche und Nationalsozialismus nicht ohne die historische Rekonstruktion eines
„manifesten katholischen Antijudaismus“ zu begreifen sei, der den „Nährboden“ insbesondere
für die „unrühmliche Beteiligung der Katholiken an der Shoah“ bildete. Heute müssten
die Christen alles, was mit der Shoah in Zusammenhang steht, aus tiefstem Herzen bedauern.
Dennoch verlange die historische Rekonstruktion gerade auch im Blick auf den Wiener
Kardinal Theodor Innitzer, „nicht voreilig zu urteilen“ und neben dem umstrittenen
„Heil Hitler“ des Kardinals immer auch „die andere Seite der Medaille“ zu sehen, wie
sie im Engagement des Kardinals in der Wiener „Hilfsstelle für nichtarische Katholiken“
zum Ausdruck gekommen sei. Darüber hinaus verwies auch Annemarie Fenzl auf den „Widerstand
vieler einzelner tapferer Menschen“, wie er in der selbstlosen Hilfe für „U-Boote“
(untergetauchte Österreicher jüdischer Konfession) sichtbar werde. Man müsse zwischen
dem „Widerstand der Kirche als Institution“ und dem „Widerstand einzelner Christen“
unterscheiden, betonte Fenzl: Der Widerstand der Kirche sei ein „eher defensiver Widerstand“
gewesen, insofern die Kirche versucht habe, „Freiräume für ihre Mitglieder zu bewahren“. (pm
erzb. wien 11.03.2008 sk)