2008-03-11 12:16:28

Österreich: „Orden leisteten Widerstand gegen Nazis“


RealAudioMP3 Gerade die Orden haben vielfach Widerstand gegen den Nationalsozialismus geleistet. Das wurde bei einer Tagung unter dem Titel „März 1938 und die Folgen für Kirche und Klöster in Österreich“ im Zisterzienserstift Heiligenkreuz deutlich. Bei der Tagung wurden insbesondere die Aufhebung zahlreicher österreichischer Klöster durch das NS-Regime und der vereinzelt aufflackernde Widerstand in den Konventen beleuchtet. Der emeritierte Grazer Kirchenhistoriker Maximilian Liebmann erinnerte daran, dass bei der Bewertung des Verhältnisses zwischen Kirche und Nationalsozialismus in Österreich oft nur an zwei Punkte gedacht werde: nämlich an den Besuch von Kardinal Theodor Innitzer am 15. März 1938 bei Hitler in Wien und an einen mit „Heil Hitler“ unterschriebenen Brief des Erzbischofs vom gleichen Monat. Es entstehe der Eindruck, dass die Bischöfe in dieser Zeit „hilflos, unkritisch und sicherlich ungewollt zu Handlangern des Naziregimes wurden“, so Liebmann.
Die Bischöfe hätten offensichtlich gehofft, durch die Zusicherung Hitlers, die Kirche werde ihre „Loyalität“ nicht bereuen müssen, einen „Kulturkampf“ und damit eine Gefährdung der Kirche in Österreich zu vermeiden. Als es dennoch ab Herbst 1938 zu Klosteraufhebungen kam, klagten die Bischöfe - vergebens - bei den Machthabern die Zusage Hitlers ein.
Zu einem „Exerzierfeld des Kulturkampfes“ wurde laut Liebmann die Steiermark. Dort kam es zu den meisten Klosteraufhebungen und Vertreibungen von Ordensleuten. Zu den prominentesten „Opfern“ zählte hier das Benediktinerstift St. Lambrecht, das bereits am 17. März 1938 wiederholt von mehr als 100 SA- und SS-Männern überfallen wurde. Eine Beschwerde des Stiftes führte zu einer Anzeige wegen „Verleumdung“ der SA und SS und zur Inhaftierung zweier Patres. Es folgte laut Liebmann eine von den Nazis initiierte „Diffamierungskampagne“ gegen das Kloster. Ähnliches widerfuhr dem Stift Admont, dem Stift Seckau sowie dem Zisterzienserstift Rein.
Laut Liebmann gab es in Österreich „kaum eine Ordensgemeinschaft, die von den Repressalien der Gestapo verschont blieb“. Insgesamt wurden 26 große Stifte und Klöster aufgehoben; 188 weitere kleine Klöster und Klosterfilialen und rund 1.400 katholische Bildungsstätten, Heime und Schulen fielen dem NS-Wahn zum Opfer. Der Grazer Kirchenhistoriker verwies darauf, dass 724 Priester inhaftiert wurden, sieben von ihnen fanden im Gefängnis den Tod. 15 Priester wurden von den NS-Schergen zum Tod verurteilt und hingerichtet, mehr als 300 Priester wurden des Landes verwiesen, 1.500 Geistliche wurden mit Predigt- und Unterrichtsverbot belegt. Am schlimmsten war die Lage in der Apostolischen Administratur Innsbruck.
Die Wiener Diözesanarchivarin Annemarie Fenzl betonte die Bedeutsamkeit der exakten historischen Beschäftigung mit der Zeit des Nationalsozialismus. Dabei müsse stets bedacht werden, dass das Verhältnis von Kirche und Nationalsozialismus nicht ohne die historische Rekonstruktion eines „manifesten katholischen Antijudaismus“ zu begreifen sei, der den „Nährboden“ insbesondere für die „unrühmliche Beteiligung der Katholiken an der Shoah“ bildete. Heute müssten die Christen alles, was mit der Shoah in Zusammenhang steht, aus tiefstem Herzen bedauern. Dennoch verlange die historische Rekonstruktion gerade auch im Blick auf den Wiener Kardinal Theodor Innitzer, „nicht voreilig zu urteilen“ und neben dem umstrittenen „Heil Hitler“ des Kardinals immer auch „die andere Seite der Medaille“ zu sehen, wie sie im Engagement des Kardinals in der Wiener „Hilfsstelle für nichtarische Katholiken“ zum Ausdruck gekommen sei. Darüber hinaus verwies auch Annemarie Fenzl auf den „Widerstand vieler einzelner tapferer Menschen“, wie er in der selbstlosen Hilfe für „U-Boote“ (untergetauchte Österreicher jüdischer Konfession) sichtbar werde.
Man müsse zwischen dem „Widerstand der Kirche als Institution“ und dem „Widerstand einzelner Christen“ unterscheiden, betonte Fenzl: Der Widerstand der Kirche sei ein „eher defensiver Widerstand“ gewesen, insofern die Kirche versucht habe, „Freiräume für ihre Mitglieder zu bewahren“.
(pm erzb. wien 11.03.2008 sk)







All the contents on this site are copyrighted ©.