2008-03-07 13:34:23

Österreich: Aus Geschichte lernen


RealAudioMP3 Die österreichischen Bischöfe sind tief besorgt über Tendenzen in der Gesellschaft, die das Lebensrecht von Behinderten in Frage stellen. Das betonte Kardinal Christoph Schönborn am Feitag in Wien bei der Pressekonferenz zum Abschluss der Frühjahrsvollversammlung der Bischofskonferenz. In einer Erklärung üben die Bischöfe unter dem Titel „Kinder sind kein Schadensfall“ scharfe Kritik am jüngsten Urteil des Obersten Gerichtshofs über Schadenersatzansprüche für ein behindertes Kind, dessen Behinderung von der Ärztin während der Schwangerschaft nicht entdeckt worden war. Bei dem Gerichtsurteil gehe es um eine „Zukunftsentscheidung“, so Schönborn.
„Wir österreichischen Bischöfe sind über diese Entwicklung zutiefst beunruhigt. Wir appellieren an den Gesetzgeber, hier umgehend Bestimmungen umzusetzen, die das Lebensrecht von Menschen mit Behinderungen sicherstellen und Schadenersatzzahlungen für die Geburt eines Menschen unmöglich machen.“
Die einmalige Würde und das Lebensrecht jedes Menschen schienen vielen nicht mehr ganz bewusst zu sein, kritisieren die österreichischen Bischöfe. In der Gesellschaft könne das zu einer sehr großen Bedrohung werden.
Gerade 70 Jahre nach dem Anschluss Österreichs an das nationalsozialistische Deutschland dürfe das nicht geschehen, betonte Kardinal Schönborn. Es gelte, aus der Geschichte zu lernen.
„Ich denke es ist schon nachdenkenswert, dass ausgerechnet im März 2008 dieses Thema in einer so dramatischen Weise wieder auf der Tagesordnung steht. Es kann nicht angehen, dass in Österreich eugenische Praktiken Gang und Gäbe werden.“
Die Bischöfe erinnerten an die Annexion am 12. März 1938. Alle, die damals als Bischöfe, Priester, Theologen in der Kirche Verantwortung trugen, standen - wie jeder einzelne Gläubige - in der Spannung zwischen zwei Weisungen aus dem Neuen Testament gestanden: Auf der einen Seite das Wort aus dem Römerbrief, wonach jeder den Trägern der staatlichen Gewalt den schuldigen Gehorsam leisten müsse und auf der anderen Seite das klare Petrus-Wort aus der Apostelgeschichte, wonach man Gott mehr gehorchen müsse als den Menschen.
Schönborn:
„Österreich wurde damals als Staat von der Landkarte gelöscht. Viele haben über den Anschluss gejubelt und ihn begrüßt, nicht nur wegen des Nationalsozialismus, sondern weil sie Österreich für nicht lebensfähig hielten, als dieses kleine Land, das von der großen Monarchie übrig geblieben war. Viele in unserem Land haben damals auch geweint und waren orientierungslos. Wir vergessen nicht, dass direkt nach dem Anschluss die ersten Züge nach Dachau gerollt sind und tausende in die Gefangenschaft gegangen sind. Das ist Österreich.“
Schönborn erinnerte an mahnende Stimmen in der österreichischen Gesellschaft und erwähnte den kürzlich selig gesprochen Kriegsdienstverweigerer Franz Jägerstätter. In der Erklärung der Bischöfe heißt es wörtlich: „Im Gedenken an jene, die damals den Mut hatten, gegen den Strom zu schwimmen, ermutigen die Bischöfe dazu, auch heute Bedrohungen der Menschenwürde entgegenzutreten."
(pm/kap 07.03.2008 bp)








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