Der chaldäisch-katholische Erzbischof der nordirakischen Metropole Mossul, Paulos
Faraj Rahho, ist an diesem Freitag von Unbekannten entführt worden. Nach Polizeiangaben
erschossen die Entführer den Fahrer und zwei Begleiter des Erzbischofs, als dieser
gerade die Heilig-Geist-Kirche im östlichen Stadtteil Al-Nour verließ. Der Erzbischof
hatte in der Kirche mit den Gläubigen den Kreuzweg gebetet. Der chaldäisch-katholische
Bischof von Amadiyah, Rabban al Qas, sagte in einem Telefongespräch mit der katholischen
Nachrichtenagentur Asianews, die Entführer hätten bereits Kontakt mit kirchlichen
Stellen aufgenommen und Forderungen gestellt. „Der Erzbischof ist in den Händen der
Terroristen, wir wissen nicht, wie es ihm geht“, sagte al Qas. Bereits im Dezember
2004 war auf das Bischofshaus ein Anschlag verübt worden. Mehrere vermummte Islamisten
drangen damals in das chaldäisch-katholische Ordinariat ein. Erzbischof Faraj Rahho
war abwesend; die Terroristen zwangen den Sekretär des Erzbischofs, den Priester Raghid
Aziz Kara, zum Verlassen des Gebäudes. Dann legten die Islamisten an mehreren Stellen
des Gebäudes Sprengstoff.
In einem Interview mit Asianews hatte Erzbischof
Faraj Rahho im November das „unaufhörliche Leid“ der Christen in Mossul beklagt. Die
Stadt sei sowohl von den irakischen Zentralbehörden in Bagdad als auch von den Amerikanern
und deren Verbündeten „sich selbst und den islamistischen Terroristen“ überlassen
worden. Der Erzbischof nahm damit auf die Verfolgungsmaßnahmen der Islamisten gegen
Christen in der Stadt Bezug; so werden seit dem Einmarsch der Amerikaner christliche
Studentinnen gezwungen, sich „islamisch“ zu verschleiern. Zahlreiche Geschäfte, die
Christen gehören und in denen auch Alkoholika verkauft wurden, fielen der Wut der
Islamisten zum Opfer. Die Lage der Christen im Irak hat sich seit der US-Invasion
2003 dramatisch verschlechtert. Dutzende Kirchen wurden niedergebrannt, viele Christen
ermordet, Diskriminierung und Anfeindung sind an der Tagesordnung.
Im Juni
2007 wurden ein chaldäisch-katholischer Priester und drei Diakone in Mossul unweit
der Heilig-Geist-Kirche ermordet. Nach Augenzeugenberichten wurde der Mord damals
von vier Bewaffneten verübt, die das Auto stoppten, in dem Pfarrer mit seinen Begleitern
von der Kirche nach Hause fahren wollte. Die Terroristen zwangen die Ehefrau eines
Diakons zum Aussteigen und feuerten dann ins Auto. Vor drei Jahren war bereits der
syrisch-katholische Erzbischof Basile Georges Casmoussa in Mossul entführt, später
aber freigelassen worden.
Mossul ist eine der wichtigsten Stätten der frühen
Christenheit. Die Stadt am Tigris dürfte bereits im 2./3. Jahrhundert überwiegend
christlich gewesen sein. Die Mehrheit der Christen im Irak gehört zu der mit Rom unierten
chaldäisch-katholischen Kirche; ihr Oberhaupt ist der in Bagdad residierende Kardinal-Patriarch
Emmanuel III. Delly. (kap/asianews 29.02.2008 bp)