2008-02-14 10:32:32

D: Zollitsch, „Aufbruch im Umbruch“


RealAudioMP3 Wer ist der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz? Die Mailänder Tageszeitung „La Stampa“ nennt den Freiburger Robert Zollitsch ultraprogressiv, in der katholischen Welt in Deutschland gilt er dagegen als Mann der Mitte, Bischofskollegen nennen ihn ausgeglichen und effizient, würdigen ihn als einen, der Argumente hört und dann zusammen führen kann.

Seine Wahl erntete breite Zustimmung – seitens der Politiker, den Vertretern der Evangelischen Kirche in Deutschland und der kirchenkritischen „Initiative Kirche von Unten“. Wirkt so viel demonstrierte Zuneigung fast schon unheimlich oder ist sie eher besonderer Ansporn? Das hat Birgit Pottler Erzbischof Robert Zollitsch am Tag nach seiner Wahl gefragt:

„Ich freue mich über das breite Echo, denn es zeigt, dass man an Kirche interessiert ist. Ich war auch sehr beeindruckt von der Fülle der Glückwünsche und dem großen Medienecho. Ich sehe darin eine große Chance: eine Chance, dass bestimmte Gruppen nicht von vornherein auf Distanz zu mir gehen, sondern dass alle sagen, wir wollen schauen, wie dieser neue Vorsitzende das Thema Kirche bei uns anspricht, wie er die Kirche zusammenhält, wie er als Moderator des Ganzen tatsächlich mit der Kirche den Schritt nach vorne gehen kann. Natürlich besteht auch die Gefahr, dass man irgendwann einmal den einen oder anderen enttäuscht, das wird im Leben immer so sein. Aber zunächst möchte ich diese Chance aufgreifen und tatsächlich schauen, dass wir in der Bandbreite des Katholischen möglichst viele mitnehmen auf dem Weg in die Zukunft.“

 
Die Ökumene haben Sie gleich nach der Wahl als ein wichtiges Anliegen genannt. Sie beginnen Ihre Amtszeit in der Zeit der Vorbereitungen für den zweiten ökumenischen Kirchentag in München. Wie wollen Sie es angehen, dass nicht nur das Thema Abendmahlsgemeinschaft in der Öffentlichkeit präsent bleibt?

„Ich habe gute Erfahrungen sammeln dürfen bei uns in der Erzdiözese Freiburg mit der evangelischen Landeskirche in Baden Wir werden die theologischen Fragen, die da sind, offen miteinander ansprechen, aber so, dass ich dem anderen dabei ins Auge blicken kann; dann aber auch schauen, wo wir in der Praxis, im Leben vieles schon gemeinsam machen können, und uns nicht abhalten lassen von den theologischen Unterschieden. Zugleich gilt dann für mich, dass keine Seite Forderungen an die anderen stellt, die die anderen aus theologischen Gründen nicht nachvollziehen können. Ich darf also den Gesprächspartner auch nicht überfordern. Wenn das von beiden Seiten gilt, dann glaube ich können wir ein schönes Stück weiter vorangehen. Und es wäre tatsächlich schade, wenn etwa das Thema gemeinsames Abendmahl diesen ökumenischen Kirchentag in München überschatten würde. Wir sollen das respektieren, und dann entdecken wir plötzlich viele viele Möglichkeiten, wenn wir uns nicht auf einen Punkt fixieren.“

 
„Aufbruch im Umbruch“. Das war das Motto Ihrer Anfangszeit in Freiburg. Wie und wo braucht es diesen Aufbruch in der deutschen Kirche, in der deutschen Gesellschaft?

„Man könnte im guten Sinn diese Devise auch auf die Kirche in Deutschland übertragen. Es ist ganz klar, wir sind in manchen Dingen ein wenig hinter der Entwicklung zurückgeblieben. Wir müssen schauen, wie wir heute mit erwachsenen Menschen Wege des Glaubens gehen können, uns auch um die kümmern, die die Kirche leider verlassen, wir müssen uns um die kümmern, die nicht genügend sozialisiert sind und nach denen schauen, die auch im sozialen Bereich an den Rand gedrängt sind. Wenn es uns gelingt, das was der katholische Glaube, was die Heilige Schrift, die christliche Verkündigung sagen, neu zum Leuchten zu bringen, dann werden wir auch den Menschen wieder Hoffnungen und Perspektiven geben. Damit müssen wir anfangen, damit das deutlich wird, was die Botschaft des Evangeliums ist und welchen Lebenswert sie enthält. Dann können wir zeigen, wie wir als Kirche das, was an Werten unsere Gesellschaft bestimmt - die Werte, von der sie lebt, die sie selber aber nicht garantieren kann -, immer wieder einbringen und uns dafür einsetzen. Da gehören der Wert des Lebens dazu und der Schutz des Lebens. Aber es wird dann wichtig sein, dass die Kirche sich zugleich deutlich sichtbar macht als Anwalt des Lebens und der Zukunft, als Anwältin, die deutlich macht: Ja, wir wissen, wofür zu leben sich lohnt. Diesen Sinn, den möchten wir möglichst vielen Menschen vermitteln.“
(rv 13.02.2008 bp)







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