2008-02-03 12:53:16

Tschad: Warten auf Wasser, Nahrung, Unterkunft


RealAudioMP3 Die Lage in der Hauptstadt Ndjamena im Tschad bleibt unübersichtlich: Sowohl die Rebellen als auch die Regierung nimmt für sich in Anspruch, die tschadische Hauptstadt zu kontrollieren. Westliche Staaten haben die Rettung ihrer Staatsbürger aus dem Tschad vorbereitet. Die Krise im zentralafrikanischen Land ist nicht neu. Die Hilfsorganisation „Ärzte ohne Grenze“ ist seit mehreren Jahren dort präsent.

Seit Anfang 2006 mussten mehr als 100.000 Menschen im Südosten des Tschad von zu Hause fliehen, weil ihre Dörfer von bewaffneten Milizen angegriffen wurden. Bei vielen Angriffen gab es Tote und Verletzte. Häuser und Lebensmittelvorräte wurden geplündert oder verbrannt. Die Menschen sind in aller Hast geflohen und konnten nur wenige Habseligkeiten mitnehmen. An manchen Orten sind Tausende in provisorischen Lagern zusammengekommen und leben seit Wochen unter schwierigsten Bedingungen. Grace Tang ist Projektleiterin bei Ärzte ohne Grenzen und beschreibt die Situation:

"Die Leute haben Äste und Stroh gesammelt und sich daraus provisorische Unterkünfte gebaut. Sie haben kaum Habseligkeiten mehr, denn ihre Häuser wurden verbrannt und ihr Besitz zerstört. Bis zu zehn Personen versuchen in einer kleinen Hütte zu Recht zu kommen. Es ist sehr schwierig."

Familien suchen im Lager Gassire nahe der Stadt Goz Beida Schutz. Die meisten stammen aus dem Dorf Angred. Die Frauen erzählen von der Attacke im vergangenen Oktober: Es habe gegen sechs in der früh begonnen, Häuser, Felder, Hirse-Vorräte, alles hätten die Angreifer in Brand gesteckt. Vier Männer aus dem Dorf seien getötet worden, darunter der Mann einer der Frauen in der Strohhütte. Sie habe ihn nicht einmal beerdigen können und lebt nun mit ihren fünf Kindern im Lager.

"Eine Frau sucht in der Regel sechs Stunden außerhalb des Lagers nach Feuerholz, versucht es am Nachmittag auf dem Markt zu verkaufen, um dann davon Nahrungsmittel zu besorgen. Die Menschen leben von der Hand in den Mund, sie haben keine Vorräte mehr."

In Gassire Camp leben mehr als 8.000 Vertriebene. Ein mobiles Team von Ärzte ohne Grenzen bietet drei Mal in der Woche medizinische Behandlung an. In einem Zelt werden bis zu 150 Patienten pro Tag behandelt. Darunter eine steigende Zahl unterernährter Kinder. Daneben sind Durchfall- und Atemwegserkrankungen besonders häufig.
Der Arzt Maximilian Gertler ist über die vielen Kinder erschüttert, die an Bindehautentzündung - oder Konjunktivitis - leiden:

"Konjunktividen sieht man ganz viel hier durch den vielen Staub, dazu schlafen die Kinder in dem Staub und der trägt viele Bakterien in die Augen und dann gibt es diese Schleimhautentzündung. Und bei dem Kind war es so heftig, dass der Eiter schier aus den Augenlidern läuft. Das kann man lokal mit antibiotischen Salben behandeln, gegebenenfalls unterstützen mit einer Tablette. Außerdem natürlich Hygiene, Auswaschen der Augen, sauberes Wasser gibt es fast gar nicht hier. Im Gegenteil: das Wasser ist so verdreckt, dass man neue Bakterien hineinträgt. Das Wasser kommt rotbraun aus den Brunnen und diese Brunnen sind nicht geschützt, das heißt jeglicher Dreck kann in diese Brunnen gelangen."

Deshalb baut Ärzte ohne Grenzen neue Brunnen. Die Logistiker wenden eine einfache Technik an, bei der das Brunnenrohr mit Hilfe von Wasserdruck in den Sandboden getrieben wird. Nach wenigen Stunden kann die Handpumpe installiert werden und die Menschen beginnen, die zahllosen Eimer, Schalen und Kanister mit sauberem Trinkwasser zu füllen. Ende Januar 2007 hat das UN-Welternährungsprogramm in Gassire Camp Nahrungsmittel an die über 2.000 Familien ausgegeben, die für vier Wochen reichen sollen. Das Team von Ärzte ohne Grenzen hilft beim Verteilen von Decken, Matten, Eimern, Seife und Plastikplanen. Damit verbessert sich die Situation zumindest für die Vertriebenen in Gassire Camp ein wenig. Doch an vielen Orten im Südosten des Tschad warten die Menschen bislang vergeblich auf Unterstützung. Am dringendsten brauchen die Menschen Sicherheit in ihren Heimatdörfern, damit sie zurückkehren und ihre Felder bestellen können. Dafür aber sieht Projektleiterin Grace Tang kaum Chancen:

"Es gibt keine Sicherheit. Als einige Dorfbewohner im Dezember versucht haben, auf ihre Felder zu gehen und ihre Habseligkeiten aus den Dörfern zu holen, wurden sie angegriffen, beschossen oder getötet. Deshalb bleiben die Menschen erst einmal wo sie sind."

(ärzte ohne grenzen/afp 03.02.2008 mg)








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