D: „Fünfzig Jahre Zärtlichkeit“ – 50 Jahre Misereor
„Mit Zorn und Zärtlichkeit
an der Seite der Armen“ - mit diesem Leitwort überschreibt das Bischöfliche Hilfswerk
Misereor seine diesjährige Jubiläums-Kampagne. Vor 50 Jahren gab der Kölner Kardinal
Josef Frings mit einer programmatischen Rede den Startschuss für eines der erfolgreichsten
Entwicklungsprojekte weltweit. Unsere Kollegen vom Domradio Köln haben mit dem
Misereor-Bischof Werner Thissen gesprochen. Der Erzbischof von Hamburg betont, dass
mit Blick auf die Globalisierung die Bewusstseinsbildung für Gerechtigkeit einen immer
stärkeren Akzent gewonnen hat. „Wir haben zum Beispiel vor zehn Jahren gesagt:
„Gib einem Armen einen Fisch und er kann einen Tag sich sättigen, aber lehre ihn angeln,
dann kann er sein ganzes Leben satt werden.“ Aber wir haben gemerkt, manche haben
gar keinen Zugang zu Gewässern, wo man angeln kann. Das heißt also, die Güterverteilung
in der Welt muss gerechter werden.“ Als Misereor-Bischof scheue er auch nicht
den Kontakt zu den Mächtigen: „Unsere politische Kontaktnahme zu führenden Politkern
wie Kanzlerin Merkel und anderen Regierungschefs wird immer stärker, um einmal deutlich
vor Augen zu stellen – im Originalton durch Bischöfe aus dem Süden – wie es dort aussieht
und was etwa notwendig ist an Korruptionsbekämpfung, dass die Entschuldungszusagen
auch wirklich eingehalten werden, die es ja gibt, dass die Erhöhung der Entwicklungshilfe
weiterhin geschieht, dass Kleinbauern geschützt werden etwa gegen Bio-Patente irgendwelcher
Großorganisationen.“ Ein konkretes Beispiel für Unternehmensverantwortung in
einer globalisierten Welt: Der Skandal um Giftspielzeug. „Wir hatten ja die
Situation, dass aus dem Norden vielfach Spielzeug zurückgeschickt werden musste in
die Länder, wo sie produziert worden sind, weil darin giftige Stoffe vorhanden waren.
Das ist richtig, dass wir da Alarm schreien, damit Kinder im Norden nicht gefährdet
werden. Aber ich musste erst einmal selbst Alarm schreien, dass dadurch nicht nur
die Kinder im Norden gefährdet sind, sondern auch die Arbeiterinnen in den Spielzeugfabriken
im Süden. Das ganze hat sehr stark auch gesellschaftliche und politische Implikationen!“ Dass
Leitbild „Hilfe zur Selbsthilfe“ sei aber weiterhin aktuell, so Tissen. Das werde
auch in Zukunft der Schwerpunkt der Arbeit von Misereor bleiben. „Ich bin immer
selbst sehr beeindruckt wenn ich vor Ort bin, wie kreativ, wie einsatzbereit die Menschen
sind. Aber sie haben oft schlechte Startbedingungen. Sie haben etwa kein Saatgut,
um für Nahrung zu sorgen, sie haben – wenn dann die Nahrung wächst – keine Zugangsmöglichkeit
zu den Weltmärkten; in all diesen Bereichen hat Misereor viel bewegen können.“ Allein
2006 stellte die Aachener Zentrale für mehr als 1.400 Projekte in etwa 80 Ländern
147 Millionen Euro zur Verfügung - fast 95.000 Projekte in 139 Ländern sind es seit
dem Beginn 1958. (domradio 27.01.2008 mc)