2008-01-26 13:59:20

Schweiz: "Kirche muss bei Missbrauchsfällen transparent sein"


RealAudioMP3 Die katholische Kirche in der Schweiz wird derzeit von Missbrauchsskandalen durch Geistliche erschüttert. Im Bistum Lausanne, Genf und Freiburg sprach der für Rechtsfragen zuständige Offizial Nicolas Betticher von „Mitwisserschaft“ der Kirche, die ihn sehr schmerze. Hintergrund ist der Fall eines Kapuzinerpaters, der 1989 nach Frankreich versetzt wurde, anstatt die Tat der Justiz zu melden. Zuletzt hatte Betticher am vergangenen Montag einen weiteren Verdachtsfall den staatlichen Untersuchungsbehörden gemeldet. Mit Betticher hat mein Kollege Stefan Kempis gesprochen:

RV: Wie hat das Bistum auf die jüngsten Pädophilie-Fälle reagiert?

Betticher: „Sicherlich mit einer ganz großen Klarheit. Wir müssen in den Medien ganz klar auftreten, denn die Glaubwürdigkeit der Kirche ist tangiert. Es geht ja darum, alte Fälle aufzuarbeiten, die in den achtziger oder siebziger Jahren passiert sind. Damals war es üblich – wie auch anderswo in der Gesellschaft – vieles mit zu großem Schweigen zu handhaben. Heute ist die Sache anders: Man weiß, dass die Pädophilie eine Krankheit ist, die man behandeln muss, und gleichzeitig hat man neue Richtlinien. Und das muss man ganz klar kommunizieren, damit auch die Glaubwürdigkeit der Kirche gewährleistet ist.“

RV: Stichwort Richtlinien: Was macht denn die Schweizer Bischofskonferenz, wenn so etwas vorfällt?

Betticher: „Die Richtlinien sind seit 2002 in Kraft; Diese Richtlinien sagen ganz klar, dass man sich sofort um die Opfer kümmert, wenn es Indizien gibt. Und man muss auch den Täter sofort in den Blick nehmen, wenn möglich therapeutisch, und alles daran setzen, dass es nicht neue Übergriffe sexueller Art gibt. Das ist das Fundament dieser Richtlinien.“

RV: Ihr Bistum ist sehr offensiv an die Öffentlichkeit gegangen mit diesem einen, möglicherweise zwei Fällen, die es im Moment gibt. Ist das die neue Haltung?

Betticher: „Ich sage einfach: Die Katholiken bei uns wollen wissen: Was ist die Wahrheit? Da sagt man soviel Negatives in den Medien über die damalige Zeit, über die damalige Handhabung in den Ordinariaten, nicht nur bei uns sondern auch in Frankreich. Das ist einfach das Bedürfnis nach Aufklärung da, und deshalb sind wir aktiv vor die Medien getreten. Und ich denke auch, das dient der Glaubwürdigkeit unserer Kirche.“

 
(rv 26.01.2008 mc)

Hier können Sie das komplette Interview nachhören.








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