Die Christen im indischen
Bundesstaat Orissa fürchten weitere Ausschreitungen. Kurz nach Weihnachten war die
Gewalt eskaliert, hunderte fundamentalistische Hindus hatten christliche Dörfer überrannt
und mit Stöcken, Messern und Gewehren Christen vertrieben. Die Gewalt war politisch
gesteuert und hatte System. Das verlautete laut Nachrichtenagentur Fides aus verschiedenen
Quellen vor Ort.
Fünf Menschen wurden bei den Überfällen getötet. Fundamentalisten
zerstörten, was sie an christlichem Besitz finden konnten: Hunderte Geschäfte von
Christen, aber auch 53 Kirchen, Schwesternkonvente, Schülerwohnheime und andere christliche
Einrichtungen. Tagelang mussten die geflohenen Christen – unter ihnen Priester und
Ordensschwestern – bei nur 5 Grad über Null in den Wäldern ausharren. Genaue Nachrichten
aus der Region gibt es keine, denn die Regierung Orissas lässt weder Hilfsorganisationen,
noch Geistliche oder Journalisten in die betroffene Region. Der Vorwurf: „Die hinduistischen
Fundamentalisten sagen, dass wir Hindus missionieren wollen, indem wir ihnen Hilfen
geben.“ Das erklärt der Erzbischof der Region, der Steyler Missionar Raphael Cheenath.
„Und darum wollen sie keine Hilfslieferungen von Christen oder andere Nicht-Regierungsorganisationen.“
Doch was die Regierung liefere sei „absolut unzureichend zum überleben“.
Auch die Bildungsarbeit der Christen für die Kastenlosen sei „den Hindu-Fundamentalisten
ein Dorn im Auge“. „Und so hoffen die Fundamentalisten, dass - indem sie die christlichen
Missionen zerstören - auch die Eingliederung und das Wachstum der Ausgestoßenen endet.
… Ein Grund, warum uns die Hindu-Fundamentalisten zürnen ist, dass wir das ,Liberation
Movement’, die Befreiungsbewegung für Rechtlose gegründet haben.“ Doch die
Regierung habe Angst, dass das, was wirklich in der Region geschieht, auch außerhalb
bekannt wird, „und so wurde es nicht einmal dem Vorsitzenden der indischen Bischofskonferenz,
Kardinal Topo, erlaubt, diese Region zu besuchen“. Wer ist für die Angriffe verantwortlich?
Erzbischof Cheenath: „Es gibt in Orissa einen hinduistischen Priester. Er heißt
Swami Leschbawanen. Er steckt hinter all diesen Unruhen.“ Ein 82-Jähriger, aber
er ist mächtig genug, um seit fast drei Jahrzehnten Unruhen in seinem Bundesstaat
zu stiften. Alle Regierungen, betont der Steyler Missionar, stünden unter seinem Einfluss.
„So lange dieser Mann seine Aktivitäten fortsetzen kann, wird es keinen Frieden
oder ein gemeinschaftliches Zusammenleben in dieser Region geben.“ Einerseits
habe der Staat keine Macht und der Mob tue, was er will, konstatiert der Erzbischof.
Von „Anarchie“ will er dennoch nicht sprechen: viel eher von politischem Kalkül vor
den Wahlen im nächsten Jahr. Das letzte Mal sei ähnliches passiert: „Die Machthaber
wollen diese Wahlen gewinnen. Und um die Wahlen zu gewinnen, brauchen sie die Stimmen
der Mehrheit der Bevölkerung – und das sind Hindus. Sie schlagen und verfolgen die
Minderheiten, damit sie die Stimmen der Mehrheit bekommen.“ (radio horeb 23.01.2008
bp)