Der Fall eines pädophilen
Kapuzinerpaters im Bistum Lausanne-Genf-Freiburg zieht weitere Kreise. Am Sonntag
hatten ein Vertreter der Bistumsleitung wie auch ein Verantwortlicher des Ordens eine
Mitschuld eingestanden. Nun prüft ein von der Schweizer Bischofskonferenz eingesetztes
Expertengremium die Umsetzung der 2002 erlassenen Bischofs-Richtlinien zum Umgang
mit sexuellen Übergriffen in der Seelsorge. Es habe ein „geheimes Einverständnis"
gegeben. Das Bistum wisse seit 1989, dass der Priester mindestens ein Kind missbraucht
habe, erklärte der Offizial des Bistums, Nicolas Betticher, in einem Interview mit
der Zeitung „Le Matin dimanche". Man habe aber die staatlichen Behörden nicht informiert
und trage dadurch Mitschuld an dem Rückfall des nach Frankreich versetzten und inzwischen
in die Schweiz zurückgekehrten Priesters. Kapuzinerpater Ephrem Bücher sagte gegenüber
Radio Suisse Romande (RSR): „Wir sind als Kapuziner dafür verantwortlich, was geschehen
ist. Wir haben damals nicht so reagiert, wie wir hätten sollen." Der heute dem
Delsberger Kloster Montcroix zugeteilte Priester war auf Ersuchen der französischen
Behörden vom jurassischen Generalstaatsanwalt verhört worden. Ihm werden von Frankreich
sexuelle Handlungen mit Minderjährigen vorgeworfen. Parallel dazu untersuchen die
jurassischen Behörden, ob der Priester in der Schweiz Übergriffe begangen hat, die
noch nicht verjährt sind. Der 67-Jährige ist geständig, seinen 12-jährigen Neffen
im Jahr 1992 missbraucht zu haben. Weiter sagte er, in Frankreich sei es lediglich
einmal zu Zärtlichkeiten mit einem Knaben gekommen. In den Richtlinien zum Umgang
mit Missbrauchsfällen betonen die Schweizer Bischöfe ihren Willen zu Transparenz und
Ehrlichkeit. In der Auswahl, Aus- und Weiterbildung soll sorgfältige Prävention betrieben
werden. Auch wird die Bereitschaft zur Zusammenarbeit mit staatlichen Behörden betont.
Eine grundsätzliche Pflicht für kirchliche Amtsträger und Mitarbeiter zur Strafanzeige
gebe es aber nicht. Von dem konkreten Fall habe die Schweizer Bischofskonferenz bisher
keine Kenntnis gehabt, erklärte Generalsekretär Felix Gmür gegenüber der Presseagentur
Kipa. Missbrauchsfälle würden nicht in der Bischofskonferenz, sondern durch das zuständige
Gremium behandelt. Forderungen nach einer internationalen Datenbank, wie sie der Lausanner
Offizial Betticher geäußert habe, hält Gmür aber für unnötig. Wenn sichergestellt
ist, dass der Betreffende nicht mehr mit seelsorglichen Aufgaben betraut wird, sei
eine Datenbank überflüssig. (kipa/pm 22.01.2008 bp)