Das Land steckt in der Krise, ist zersplittert und hat Angst vor der Zukunft. Mit
harscher Kritik an der talienischen Gesellschaft hat der Vorsitzende der nationalen
Bischofskonferenz, Kardinal Angelo Bagnasco, die Sitzung des Ständigen Rats eröffnet.
Der Erzbischof von Genua warnte vor einem „verbreiteten und gefährlichen Vertrauensschwund“.
Angesichts eines blockierten Wirtschaftsaufschwungs gingen Zukunftsangst und Fatalismus
im Land um. Das Abtreibungsgesetz nannte Bagnasco „abscheulich“ und forderte eine
Änderung „zumindest in einigen Punkten“. Die Norm von 1978 müsse gerade mit Blick
auf Spätabtreibungen an die aktuellen medizinischen Erkenntnisse angepasst werden.
In einem Rundumschlag auf derzeit virulente Themen äußerte sich der Episkopatschef
gegen eine rechtliche Anerkennung nichtehelicher Lebensgemeinschaften und gegen ein
beschleunigtes Scheidungsverfahren. Medien werteten Bagnascos Rede als Attacke gegen
die Mitte-Links-Regierung von Ministerpräsident Romano Prodi. Dem Land erweise der
Kardinal keinen Dienst, verlautete aus Politikerkreisen. Mit ihrer „unerhörten Härte“
stelle die Rede selbst die Angriffe seines Amtsvorgängers Camillo Ruini in den Schatten.
(rv/la repubblica/ansa/kna 22.01.2008 bp)