200.000 beim Angelus mit Benedikt XVI. - "Offener Dialog ist Auftrag der Kirche"
200.000 beim Angelus
mit Benedikt XVI. – „Offener Dialog ist Auftrag der Kirche“ Rund 200.000 Menschen
haben sich am Sonntag auf dem Petersplatz versammelt, um Papst Benedikt XVI. nach
dem gescheiterten Besuch an der römischen Universität „La Sapienza“ ihre Solidarität
zu bekunden. Benedikt XVI. dankte den Studierenden und Akademikern, die dem Aufruf
von Kardinalvikar Camillo Ruini gefolgt waren, für ihre Solidarität und drückte noch
einmal sein Bedauern aus: „Leider ist bekanntlich ein Klima entstanden, das meinen
Besuch bei der Feier nicht opportun erscheinen ließ. Ich habe ihn schweren Herzens
verschoben. Aber ich habe dennoch den Text senden wollen, den ich eigens nach Weihnachten
vorbereitet hatte. Der universitären Welt – die für viele Jahre die meine war – bin
ich in der Liebe zur Wahrheitssuche, zur Auseinandersetzung und zum offenen und respektvollen
Dialog über verschiedene Positionen verbunden. Dies ist alles auch die Mission der
Kirche, die darin treu Jesus nachfolgt, dem Lehrer des Lebens, der Wahrheit und der
Lieben.“ Die Studenten und Professoren ermutigte Benedikt zu einem respektvollen
Dialog. „Als sozusagen emeritierter Professor, der in seinem Leben zahlreichen
Studenten begegnet ist, ermutige ich Euch, liebe Studenten und Professoren, immer
respektvoll anderen Meinungen zu begegnen und mit freiem und verantwortungsvollen
Geist die Wahrheit und das Gute zu suchen.“ Bei der Kundgebung waren katholische
Bewegungen wie „Communione e Liberazione“ und Sant'Egidio mit starken Abordnungen
vertreten. Zahlreiche Transparente von Universitäten, auch von der Sapienza, waren
auf dem Platz zu sehen. Man sah Benedikt an, dass er sich über diese Solidaritätsgeste
freute. Am Schluss des Angelusgebets dankte er noch einmal allen, die gekommen waren. „Gehen
wir weiter in diesem Geist der Brüderlichkeit, der Liebe für die Wahrheit und die
Freiheit und dem gemeinsamen Einsatz für eine brüderliche und tolerante Gesellschaft.“ Der
Konflikt um die Sapienza-Rede war entstanden, nachdem 64 Professoren der traditionsreichen
römischen Hochschule vom Rektorat eine Ausladung des Papstes gefordert hatten. Mehrere
Studentengruppen hatten für den Fall seiner Teilnahme Proteste und Störaktionen angekündigt.
Die Kritiker sahen durch die geplante Rede Benedikt XVI. zur Eröffnung des akademischen
Jahres die Trennung von Staat und Kirche gefährdet. Außerdem unterstellten sie ihm,
er habe in einer Rede als Kardinal im Jahr 1990 den Kirchen-Prozess gegen Galileo
Galilei verteidigt. Benedikt XVI. hofft, dass „bald“ alle Christen gemeinsam Eucharistie
feiern können. Beim Angelusgebet am Sonntag rief er die Gläubigen auf, um das „kostbare
Geschenk der Versöhnung aller Getauften“ zu beten. Benedikt ging ausführlich auf die
Weltgebetswoche für die Einheit der Christen ein, die 2008 ihren 100. Geburtstag feiert.
„Wir müssen alle für die Überwindung der Spaltungen unter den Christen beten
und uns dafür einsetzen. Auf diese Weise antworten wir auf die Sehnsucht Jesu, „dass
alle eins sein“ mögen – Ut unum sind. Das Gebet, die Bekehrung des Herzens und die
Stärkung der Bande der Gemeinschaft stellen das Wesen dieser spirituellen Bewegung
dar, von der wir hoffen, dass sie dereinst zur gemeinsamen Eucharistie führen möge,
dem Ausdruck der vollen Einheit.“ Ökumene ist kein Selbstzweck, sondern es
geht um die Glaubwürdigkeit des Zeugnisses der Christen. „Wir dürfen niemals
müde werden für die Einheit der Christen zu beten. Als Jesus beim Letzten Abendmahl
darum betete, dass alle eins seien, hatte er ein klares Ziel vor Augen: „Auf dass
die Welt glaube“ (Joh 17,21). Die evangelisierende Mission der Kirche muss einen ökumenischen
Weg gehen, dem Weg der Einheit des Glaubens, des Zeugnisses vom Evangelium und einer
authentischen Brüderlichkeit.“ Der Papst kündigte an, er werde am kommenden
Freitag an einem Abendgebet in der römischen Basilika Sankt Paul vor den Mauern teilnehmen,
um die ökumenische Gebetswoche zu beschließen. An der Gebetswoche vom 18. bis 25.
Januar beteiligen sich Christen in mehr als 70 Ländern. Auch an die Pilger deutscher
Sprache wandte sich der Papst beim Angelusgebet: „Frohen Herzens begrüße ich
beim heutigen Angelusgebet alle deutschsprachigen Pilger und Besucher. Im Evangelium
dieses Sonntags hören wir Johannes den Täufer über Jesus sagen: „Seht das Lamm Gottes,
das die Sünde der Welt hinwegnimmt“. Jesus Christus ist unser Weg aus der Versklavung
durch die Sünde. Durch das Erlösungsopfer der Hingabe seines Lebens hat er uns von
der Macht der Sünde befreit und uns die Freiheit der Söhne und Töchter Gottes erworben.
Euch allen wünsche ich einen gesegneten Sonntag!” (rv)