Sehr verehrte, liebe Mitbrüder! (...) Ich schreibe Ihnen diesen Brief im Blick auf
die Notwendigkeit, bei der Frühjahrs-Vollversammlung der Deutschen Bischofskonferenz
vom 11. bis 15. Februar 2008 in Würzburg einen neuen Vorsitzenden zu wählen.
Als Sie mich im Herbst 2005 zum vierten Mal in diese Aufgabe berufen haben, habe ich
damals erklärt, dass ich wohl diesen vierten Sechs-Jahres-Zeitraum nicht voll ausschöpfen
werde. In der Tat hatte ich, freilich ohne bisher darüber zu reden, seit einiger Zeit
vor, im Herbst 2008, also bei der Halbzeit, aus dem Amt des Vorsitzenden zu scheiden.
Durch die im Dezember erlittenen Herz-Rhythmus-Störungen mit Folgen musste ich
jedoch, auch auf ärztlichen Rat hin, zur Erkenntnis kommen, dass ich schon in diesem
Frühjahr darum bitten muss, einen Nachfolger zu wählen.
Ich bin nun fast
21 Jahre im Amt des Vorsitzenden; dazu kommen noch zwei Jahre als stellvertretender
Vorsitzender und ab Frühsommer 1987 nach der Erkrankung von Joseph Kardinal Höffner
die Aufgabe als kommissarischer Vorsitzender bis zu meiner ersten Wahl am 22. September
1987. Meine beiden Vorgänger, Kardinal Döpfner und Kardinal Höffner, konnten diese
Aufgabe 11 bzw. 12 Jahre ausüben.
Ich bin dankbar, dass ich diesen Dienst
so lange und mit den Kräften, die Gott mir geschenkt hat, erfüllen durfte. Jetzt ist
aber eine eindeutige Zäsur erreicht. Ich hatte eine lebensbedrohliche Krankheit, die
mir in Zukunft nicht mehr diese oft rücksichtslose Ausschöpfung meiner Kräfte erlaubt.
Erhebliche Risikofaktoren warnten schon längere Zeit, die ich aber eher überging.
Es sind für den Vorsitzenden immer mehr regelmäßig wiederkehrende Termine geworden.
Die Anforderungen der Öffentlichkeit bzw. der Medien, persönlicher Gespräche und auch
der schriftlichen Korrespondenz wurden stets größer. Ich hatte mich in letzter Zeit
besonders übernommen. (...)
Der Zeitpunkt für einen solchen Schritt ist immer
in gewisser Weise unpassend. Bei näherem Zusehen hat er jetzt jedoch auch einen guten
Sinn. Die Ernennungen der Bischöfe Reinhard Marx, Franz-Peter Tebartz-van Elst und
Karl-Heinz Wiesemann für München und Freising, Limburg und Speyer mit ihren 54, 48
und 47 Lebensjahren zeigen den notwendigen Generationswechsel an. In wenigen Monaten
bin ich 72 Jahre alt, 25 Jahre Bischof und gehöre dann einer sehr kleinen Gruppe der
dienstältesten Diözesanbischöfe an. Es ist Zeit für eine Wachablösung.
Unsere
Bischofskonferenz hatte noch nie einen ehemaligen Vorsitzenden in ihren Reihen. Ich
kann erleichtert in das Glied zurücktreten. Vor allem bin ich dankbar, wenn ich noch
einige Jahre dem Bistum Mainz dienen kann. Ich will aber auch gerne alles in die Bischofskonferenz
sowie ihre Organe und Aufgaben weiter einbringen, worüber ich im Blick auf Kenntnisse,
Informationen und Erfahrung verfüge. Gerne und noch stärker möchte ich mich Grundsatzfragen
widmen, durchaus auch öffentlich. Dabei liegt mir auch die schwierige Situation der
Ökumene am Herzen.
Ich erkläre also hiermit meinen Rücktritt als Vorsitzender
der Deutschen Bischofskonferenz, der nach dem Abschluss der Frühjahrsvollversammlung,
genauerhin am 18. Februar 2008, wirksam werden soll. Ich möchte die Frühjahrsvollversammlung
zu Ende führen und am Sonntag, 17. Februar 2008, bei der Feier des 80. Geburtstags
von Friedrich Kardinal Wetter in München, noch den Dank der Deutschen Bischofskonferenz
ihm gegenüber zum Ausdruck bringen. (...)